Offener Antisemitismus bei Gelbwesten-Protest in Paris

Die Gewalt bei den Gelbwesten-Protesten eskaliert. Jetzt wurde der jüdische Philosoph Alain Finkielkraut übelst antisemitisch angepöbelt und beleidigt. Wie kam es dazu?

 

Die antisemitischen Ausfälle gegen den französischen Philosophen und Mitglied der hoch angesehenen Gelehrtengesellschaft Académie française, Alain Finkielkraut, am Rande einer „Gelbwesten“-Kundgebung am vergangenen Wochenende in Paris habe ein juristisches Nachspiel. Die Pariser Staatsanwaltschaft leitete jetzt Vorermittlungen wegen des Vorfalls ein.

Dabei stützt sie sich auf eine Rechtsvorschrift, die öffentliche Beleidigungen auf der Grundlage von „Herkunft, Ethnie oder Religion“ untersagt. Finkielkraut zeigte sich tief betroffen über die Beleidigungen gegen ihn. Der antisemitische Vorfall am Rande der „Gelbwesten“-Demonstration, der auch auf Videoaufnahmen zu sehen ist, sorgte in der Öffentlichkeit für große Empörung.. Finkielkraut wurden demnach wüste Beleidigungen wie „Hau ab!“, „Dreckiger Scheiß-Zionist“, „Wir sind das Volk“ und „Frankreich gehört uns“zugerufen. Ein Demonstrations-Teilnehmer Finkielkraut aufgefordert haben, „sich in den Kanal zu werfen“.

 

Soziale Medien sorgen für dauerhafte Öffentlichkeit

 

Hat die französische Gelbwesten-Bewegung neben dem Gewalt- jetzt auch noch ein Antisemitismus-Problem? „Nicht mehr als der Durchschnitt der französischen Bevölkerung“, sagt Stefan Seidendorf, Direktor beim Deutsch-Französischen Institut. Der Frankreich-Experte bemüht den Schriftsteller Umberto Eco, wenn er sagt, dass sich früher der eine oder andere am Kneipentresen zu solchen Beleidigungen habe hinreißen lassen. Dann wäre jemand aufgestanden und hätte gesagt „Halt den Mund“. Damit wäre die Sache erledigt gewesen. Heute sorgten die sozialen Medien dafür, dass auch solche Äußerungen dauerhaft das große Licht der Öffentlichkeit erreichen.

 

Antisemitismus im Gewand der Israel-Kritik

 

Offenbar werfen die links-liberale französische Medien, wenn es um Antisemitismus geht, gerne einen Blick ins Ausland. So beschäftigte sich kürzlich in der Tageszeitung „Le Monde“ ein Beitrag mit den Antisemitismus in Deutschland. Aber auch Frankreich, so Seidendorf weiter, habe antisemitische „Traditionen“. Er erinnert hier an den jüdischen Hauptmann Alfred Dreyfus, der wegen angeblichem Landesverrats vor dem Kriegsgericht stand, und den wegen Kollaboration mit den Nationalsozialisten zum Tode verurteilten General Philippe Pétain. Heute werde dem Antisemitismus von der nicht-nationalistischen Linken und den muslimisch geprägten Vorstädten Vorschub geleistet. „Dieser Antisemitismus kommt dann im Gewand der Israel-Kritik daher“, so Seidendorf.

 

Keine Distanzierung von prominenten Gelbwesten

 

Dazu geselle sich noch der „traditionelle“ Antisemitismus des rechten Lagers. So hätten diese Gruppen gleich nach den Attacken gegen Finkielkraut in den sozialen Medien dazu aufgerufen, den muslimisch aussehenden Haupttäter dingfest zu machen. Nach dessen Festnahme sei man gespannt gewesen, ob dieser „islamische Antisemit“ von den „Gutmenschen“ genauso hart bestraft werde wie ein „traditioneller Antisemit“. Von den prominenten Gelbwesten kam eine Distanzierung zu dem Vorfall am Wochenende. Da die Gelbwesten aber immer noch offizielle Sprecher ablehnen, fiel die Distanzierung doch dezent aus. Dass es zu diesen antisemitischen Exzessen bei einer Gelbwesten-Demonstration gekommen ist, verwundert Seidendorf nicht.

 

Gewalt mit simplen Argumenten gerechtfertigt

 

„Demonstrationen werden, obwohl sie es müssen, in der Regel von den Gelbwesten nicht angemeldet“, sagt Seidendorf. Hinzu käme das Gewaltphänomen, dass ein Markenzeichen dieser Proteste sei. Und diese Gewalt werden dann im Nachhinein mit sehr simplen Argumenten gerechtfertigt. 

 

Finkielkraut stellt keine Strafanzeige gegen die Täter

 

Unterdessen hat Finkielkraut auf eine juristische Verfolgung der Täter seinerseits verzichtet. Bislang habe der Philosoph die Gewalt der Gelbwesten auch nicht verurteilt. Er wolle nicht über das „Stöckchen springen“, das ihn die Medien hinhalten. Finkielkraut habe sogar Verständnis für die Bewegung aufgebracht. Sie hätten ihre Ursachen im „System“ und den „Verhältnissen“. mei