Studie: Der gespaltene Kontinent

 

Die Wahlabsichten der Europäer zur Europawahl 2019 sind für die Demokratie ermutigend: Zwei Drittel aller befragten Europäer (68 Prozent) wollten an der Europawahl teilnehmen. In Deutschland sagten dies sogar fast drei Viertel aller Wahlberechtigten (73 Prozent), so die Studie.

 

 

Laut Studie seien die Anhänger der europakritischen Parteien an den politischen Rändern stärker mobilisiert, als die noch etwas wahlmüde politische Mitte.Die Studie zeige aber auch: Einig sind sich die Populisten nur in ihrer EU-Skepsis und Demokratiekritik. In Sachfragen zeigten sich die Wähler der Links- und Rechtspopulisten noch stärker gespalten als die Wähler der etablierten Parteien.

 

Noch größere Koalitionen der etablierten Parteien

 

Für das neue EU-Parlament bedeute das: Konsensentscheidungen und positive Mehrheiten erforderten noch größere Koalitionen der etablierten Parteien als bisher. "Je stärker die populistisch-extremen Ränder werden, umso stärker zwingt es die etablierten Parteien zum Konsens. Gelingt den etablierten Parteien dieser Brückenschlag nicht, können negative Mehrheiten zu Selbstblockade und Stillstand führen", so Robert Vehrkamp, Demokratieexperte und Mitautor der Studie.

 

Eine Antihaltung der Europäer

 

Die Umfrageergebnisse offenbarten zudem eine gewisse Antihaltung der Europäer. "Viele Bürger entscheiden sich nicht mehr für eine Partei, sondern wählen gegen solche Parteien, die sie am stärksten ablehnen", so Vehrkamp. Im Durchschnitt aller Parteien identifizierten sich nur etwa sechs von 100 Wahlberechtigten (6,3 Prozent) positiv mit einer Partei. Dagegen habe fast jeder Zweite (rund 49 Prozent) eine negative Parteiidentität, lehne also eine oder sogar mehrere Parteien vollständig ab.

 

Extreme und populistische Parteien bekommen Ablehnungswerte von 52 Prozent

 

Besonders interessant seien die Werte zur Ablehnung oder Zustimmung einzelner Parteien an den politischen Rändern. Einerseits kassierten die extremen und populistischen Parteien mit rund 52 Prozent die höchsten Ablehnungswerte. Gleichzeitig hätten die Rechtspopulisten mit rund zehn Prozent die höchsten und auch die Linkspopulisten mit rund sechs Prozent relativ hohe Werte bei den positiven Parteiidentifikationen.

 

In kurzer Zeit eine hohe Stammwählerbasis geschaffen

 

"Die populistischen Parteien haben es in relativ kurzer Zeit geschafft, sich eine stabile Stammwählerbasis zu schaffen. Ihre gleichzeitig hohen Ablehnungswerte zeigen aber auch, wie gefährlich es für andere Parteien wäre, die populistischen Parteien nachzuahmen", sagt Vehrkamp. Die etablierten proeuropäischen Parteien hingegen sollten die stark verbreitete Ablehnung populistischer Parteien laut den Autoren noch aktiver für eine antipopulistische Gegenmobilisierung der Wähler nutzen. pm, mei

Quelle: Bertelsmann-Stiftung