Deutsche Bank: Demut sieht anders aus

Kommentar Neues Deutschland

zur Krise der Deutschen Bank

 

Er sei nicht die Wurzel allen Übels, erklärte Aufsichtsratschef Paul Achleitner, auf die desaströse Entwicklung der Deutschen Bank angesprochen. Demut sieht anders aus. Dennoch muss man ihm ein wenig recht geben. 

Die Skandale und falsche Ausrichtung auf riskantes Investmentbanking, die in den letzten Jahren Ruf und Aktienkurs nachhaltig ruinierten, haben ihre Wurzeln vor seiner Zeit.

 

Zu lange den Schuss nicht gehört

 

Ex-Konzernchef Josef Ackermann trimmte die Bank auf gnadenloses Profitmachen, als Achleitner noch bei der Allianz war. Achleitner muss sich aber zu Recht vorwerfen lassen, dass er zu lange den Schuss nicht gehört hat, am Investmentbanking festhielt, die Vorstände wie seine Businesshemden wechselte und lange Zeit das langweilige, aber jetzt wieder hippe, weil stabile Kundengeschäft vernachlässigte. 

 

Die Aktionäre sind nicht besser

 

Und dennoch sind die Aktionäre, die Achleitner kritisieren, nicht besser. Sie kritisieren ihn nicht, weil er moralisch falsch gehandelt hat. Sie greifen ihn an, weil der Aktienkurs während seiner Regentschaft um 70 Prozent in den Keller rauschte, kurz: weil er ihr Geld verzockte. So halten die Anteilseigner noch zu Vorstandschef Christian Sewing, weil er das Unternehmen wieder profitabler macht, indem er das Investmentbankig zurechtstutzt, aber auch Stellen abbaut und in die Vermögensverwaltung investiert, damit die Bank an der wachsenden Vermögenskonzentration mitverdient. Die Wurzel allen Übels liegt also nicht in einer Person - sie liegt im System.

 

Kommentar Frankfurter Rundschau: Hilfe von außen

 

Nicht nur Pech und Pannen haben für den Niedergang der Deutschen Bank gesorgt. Die Ursache für den Absturz aus den Top 100 liegen tiefer. Da spielen ein fragwürdiger Corpsgeist, eine elitäre Mentalität und Selbstüberschätzung eine wichtige Rolle. Das alles kippt in Realitätsverlust um - ein Investmentbanker kann nur schwer akzeptieren, dass er ein Loser geworden ist. Zu verantworten hat dies der Aufsichtsrat.

 

Der Aufsichtsrat der Bank ist auch verantwortlich

 

Er ist auch verantwortlich dafür, dass das Institut in krumme Geschäfte verwickelt ist. Betrügereien von Investmentbankern sind zwar nicht leicht zu durchschauen. Man muss aber hinschauen wollen. Es braucht viel Mut und vor allem glaubwürdige und integre Managerinnen und Manager an der Spitze des Instituts. Am besten welche, die von außen kommen. Sie stünden nicht im Verdacht, mit ihrem Handeln eigene Fehler aus der Vergangenheit kaschieren zu wollen.

 

Kommentar der Börsen-Zeitung zum Niedergang der Deutschen Bank

 

Es gibt auch ein Argument für Paul Achleitner. Der Niedergang der Deutschen Bank, etwa gemessen am Aktienkurs, begann nicht erst am 31. Mai 2012, als der ehemalige Goldman-Sachs- und Allianz-Manager den Aufsichtsratsvorsitz übernahm. Aber es fehlt nicht mehr viel, dann sind von den damaligen 24,76 Euro noch mal drei Viertel perdu. Okay, man kommt von 92,06 Euro, erreicht im Mai 2007. Doch seit 2012 gilt: Schlimmer geht immer.

 

Das Desaster hat einen Namen: Achleitner

 

Und das Desaster in dieser Zeit hat nun mal einen Namen: Achleitner. "Der Aufsichtsrat der Deutsche Bank AG bestellt, überwacht und berät den Vorstand und ist in Entscheidungen, die von grundlegender Bedeutung für die Bank sind, unmittelbar eingebunden." So definiert das Institut die Rolle des Kontrollorgans bei der Unternehmensführung. Von den sieben Vorstandsmitgliedern aus Achleitners Startformation mit den Co-Chefs Jürgen Fitschen und Anshu Jain ist nur noch einer dabei: Chief Risk Officer Stuart Lewis.

 

Die Kausalität ist kaum nachweisbar

 

Ansonsten hat der Österreicher munter durchgewechselt, auch an der Spitze, und das Publikum sollte glauben, jeweils Zeuge eines strukturierten Prozesses zu sein, in dem Achleitner alles unter Kontrolle hatte. Auf das Duo Fitschen/Jain folgte das Gespann John Cryan/Fitschen, dann Cryan allein, dann Christian Sewing. Was blieb, war die Vernichtung von Aktionärsvermögen; wer blieb, war Achleitner. Die Kausalität ist kaum nachweisbar. Aber kann es sein, dass es für den nicht selten wie ein Übervorstandschef auftretenden Aufsichtratsvorsitzenden einfach dumm gelaufen ist? Dass die juristischen Altlasten aus der Zeit vor 2012 schuld sind? Die Märkte? Oder fremde Mächte, inklusive der Medien? Nur nicht das eigene Versagen? 

 

Man hat genug Rechtfertigungsreden gehört

 

Diese Fragen stellen sich auch Stimmrechtsberater und, Agenturberichten zufolge, nun zunehmend sogar Großaktionäre der Bank wie die chinesische HNA, die Anlagevehikel der katarischen Herrscherfamilie und Cerberus. Angeblich wollen sie Achleitner vorzeitig loswerden. Was man gut verstehen kann. Nach sieben Jahren ohne belastbare Anzeichen für einen nachhaltigen Turnaround hat man genug Rechtfertigungsreden gehört und will Konsequenzen sehen. 

 

Das Maximum ist die Nichtentlastung

 

Dazu wird es an dieser Stelle nicht kommen. Das Maximum ist die Nichtentlastung. Den Machtkampf auf offener Bühne, eine Abwahl, scheuen diese Investoren, das ist noch) nicht ihr Stil. Ob Achleitner von sich aus geht? Der Mann ist so was von sich überzeugt, von Selbstkritik und Demut derart unbeleckt: Das sitzt er aus. Bis 2022. Wenn bis dahin auf den Niedergang noch nicht der Untergang gefolgt ist. Bernd Wittkowski

 

Mitteldeutsche Zeitung zum Thema Deutsche Bank

 

Betrügereien von Investmentbankern sind nicht leicht zu durchschauen. Richtig ist aber auch: Man muss genau hinschauen wollen. Vieles spricht dafür, dass Mechanismen das Tricksen und Betrügen begünstigt haben, weil Investmentbanker mit legalen Mitteln nicht mehr weiterkommen. In der Deutschen Bank ist eine Unkultur entstanden, die die Existenz der Bank bedroht. 

 

pm, ots