Wenn das Pendeln zur Last wird und krank macht

Gut 1,121 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte leben in Hessen nicht an dem Ort, an dem sie arbeiten und pendeln zu ihrem Arbeitsplatz. Wie viele davon täglich unterwegs sind, lässt sich aus der amtlichen Statistik nicht herauslesen.

 

Gerade bei weiten Strecken, die mit einem hohen zeitlichen Aufwand verbunden sind, werden Zweitwohnsitze am Arbeitsort wahrscheinlicher. Auch wenn aus den Statistiken nicht hervorgeht,ob täglich oder wöchentlich gependelt wird oder welches Verkehrsmittel genutzt wird: In Bussen, Bahnen oder auf der Straße sind täglich eine Vielzahl von Menschen in der Metropolregion unterwegs – auch, um zu ihrem Arbeitsplatz zu gelangen.

 

Zwei Stunden täglich von "Tür zur Tür"

 

Einer davon ist Harald Müller (Name von der Redaktion geändert). Der Manager wohnt mit seiner Familie in Bad Soden-Saalmünster. Sein Arbeitsplatz ist in Frankfurt. „Die 60 Kilometer von meinem Wohnort fahre ich fast jeden Tag mit dem Zug“, erzählt Müller. Eine Stunde betrage die Zeit von „Tür zu Tür“ in aller Regel, berichtet er. Bei dieser „Rechnung“ habe er aber noch Glück, da sich sein Arbeitsplatz in der Nähe vom Frankfurter Hauptbahnhof befindet und er keine lange innerstädtische Anreis zum Arbeitsplatz habe. Doch dieser „Stundentakt“ kommt auch des Öfteren bei Müller aus dem Ruder. „Meine Züge haben oft Verspätung. Pünktlichkeit ist für die Bahn offenbar ein Fremdwort“, so der Frankfurt-Pendler. 

 

Seit zwölf Jahren auf der Pendlerstrecke

 

Seit zwölf Jahren ist Müller schon auf seiner Pendlerstrecke unterwegs. Gewöhnt hat er sich aber nicht daran. „Das Pendeln stresst, geht auf die Psyche und die Unzufriedenheit wächst“, berichtet er. Besonders nachteilig findet Müller, dass alles Wichtige im Privat- und Familienleben eines Pendlers notgedrungen auf das Wochenende geschoben werden muss. Letztlich gegen das Pendeln auch auf die Gesundheit. „Man sitzt auf der Arbeit, man sitzt im Zug. Es fehlt unter der Woche einfach die Bewegung. Sitzen ist das neu rauchen“, so Müller weiter. 

 

Auch ein Upgrade hilft nicht weiter

 

Auch ein Upgrade in die erste Klasse helfe nicht weiter. Erstens sei das auch mit einer nicht unerheblichen Kostensteigerung verbunden, sagt Müller. Und zweitens sitze man auch wieder und hin und wieder tauchten dann dort auch Fahrgäste auf, die nicht für die 1. Klasse gebucht hätten. Diese verließen dann nur ihren First-Class-Sitzplatz, wenn der Schaffner auftauche. „Erste Klasse im vollgepackten Regionalexpress lohnt sich nicht“, so Müllers Fazit. 

 

Menschen, die im Zug essen - unerträglich

 

Obwohl der Manager schon lange ein erfahrener Pendler ist. An eines werde er sich nie gewöhnen. „Das sind die Leute, die meinen, sie müssten im Regionalexpress ihr Frühstück oder ihr Abendbrot zu sich nehmen“. Müller fallen dann die Studentin ein, die ihr Müsli mit knackigen Möhren ist oder die Jugendlichen, die kurz vor der Abfahrt des Zuges noch einmal beim Fastfood-Laden vorbeigeschaut haben und ihr „Menü“ im Zug verspeisen. 

 

Pendeln ist eine psychische Belastung

 

Für den Arbeitspsychologen Heinz Schüpbach, stellt Pendeln eine psychische Belastung dar. Vielleicht kämen auch noch körperliche Belastungen für Pendler dazu, das sei aber individuell unterschiedlich. Die Leute brauchten auf jeden Fall Zeit, um abzuschalten und sich zu Hause einzufinden. Pendler brauchten darüber hinaus mehr Zeit für Erholung und neigten dazu, nicht abschalten zu können. Das ginge dann in Richtung psychische und emotionale Erschöpfung. Es seien aber nicht wirklich Krankheiten, die der eine oder andere Pendler habe, eher seien es eingeschränkte Bewältigungsmöglichkeiten. Zum „Unterwegssein“ kämen auch psychosoziale Belastungen hinzu, in der Familie beispielsweise.

 

Metropolregion mit hohen Pendlerströmen

 

Unterdessen führe die hohe Mobilität der Arbeitnehmer in der Metropolregion Frankfurt-Rhein-Main führt zu hohen Pendlerströmen, so die Industrie- und Handelskammer. Das Auto sei dabei bundesweit für 68 Prozent der Pendler das Verkehrsmittel der Wahl. Auch wenn der Anteil in der Metropolregion Frankfurt-Rhein-Main wahrscheinlich geringer sei, als im Bundesdurchschnitt: Autofahrer –und damit auch Pendler – stehen im Stau. mei