Der Wille der Bürger ist wichtig

Herr Eroglu, welche Chancen rechnet sich die Freien Wähler bei den Landtagswahlen aus?

 

ENGIN EROGLU: Die Umfragen bescheinigen den Freien Wählern ein Potenzial von zehn Prozent! Dieses gilt es auszuschöpfen, um den Bürgerwillen im Hessischen Landtag durchzusetzen.

 

Was sind Ihre Programmschwerpunkte für Hessen?

 

EROGLU: Wir erachten diese Themen als essenziell, die es primär zu bearbeiten gilt. Dazu gehören, dass die existenzbedrohende Straßenausbaubeiträge in ganz Hessen abgeschafft werden. Desweiteren dürfen die Flüchtlings-Herausforderung nicht zulasten der Bürger und Kommunen gehen. Es gilt ebenfalls die Fluchtursachen zu bekämpfen.

 

Wo haben Schwarz-Grün Ihrer Meinung nach Fehler gemacht? 

 

EROGLU: Die schwarz-grüne Landesregierung hat in den letzten Jahren vor allem den feisten Stillstand zelebriert. Wir wollen Reformen, um das Versagen der hessischen Landesregierung zu korrigieren, um die Bürger endlich von ideologischen Entwicklungen zu befreien, die in vielen Bereichen mittlerweile spürbar und erlebbar sind. Ein Blick aus dem Fenster, dem Zug oder dem fahrenden Auto genügt: Von maroden Schulen über kaputte Straßen und Schienennetze bis zu vielerorts gesperrten Brücken – die technische Infrastruktur hat unter Schwarz-Grün extrem gelitten. 

 

Wie sieht es bei der schwarz-grünen Koalition beim Thema Umwelt aus?

 

EROGLU: Trotz Beteiligung der Grünen ist Umweltschutz in Hessen auf dem Abstellgleis gelandet – Bündnis 90/Die Grünen opfern hessische Wälder wie beispielsweise den Habichtswald, um Windkraftanlagen zu installieren. All das genügt jedoch nicht. In die Kette von zerstörter technischer Infrastruktur und ad absurdum geführtem Umweltschutz reiht sich eine desolate soziale Infrastruktur: Fehlende medizinische und pflegerische Fachkräfte, ein ungerechtes Bildungssystem, fehlende Wohnungen für junge Familien und immer mehr Kinder, die in Armut aufwachsen und leben – das ist übriggeblieben von der sozialen Infrastruktur in Hessen. 

 

Woran liegt das?

 

EROGLU: Die Landesregierung hat offenbar andere Interessensschwerpunkte. So ist immer wieder die Rede davon, dass die Wirtschaft blühe. Richtig, daran wollen wir nicht zweifeln. Großunternehmen wird förmlich der „Rote Teppich“ ausgerollt, ihre Gewinnmarge steigt und steigt – vielfach zulasten der Allgemeinheit. Aber: Vom wirtschaftlichen Erfolg dürfen nicht länger nur wenige Menschen profitieren! Alle müssen am Wohlstand partizipieren können, wirtschaftliche Gewinne müssen eine bessere Verteilung erfahren, soll das sozial-ökonomische Auseinanderdriften ganzer Gesellschaftsschichten verhindert werden. Die Schere zwischen Arm und Reich, sie wird zunehmend mehr für uns erfahrbar.

 

Ist Bouffier noch der richtige „Landesvater“?

 

EROGLU: Nein! Herr Bouffier steht – nach acht Jahren als Landesvater – für das in der CDU mittlerweile obligatorische „Weiter so“. Hier hat sich der enge Vertraute Angela Merkels deren Verhalten offenbar so gut zu eigen gemacht, dass der Berliner Stillstand mittlerweile auch für Hessen gilt. Die Politik muss sich wieder durch Nähe zu den Bürger auszeichnen, frei von ideologischen Belastungen. Volker Bouffier kann dies nicht bieten.

 

Was wären Ihre Lieblingskoalitionspartner? 

 

EROGLU: Wir verfolgen unbeirrt das Ziel der vernunftgesteuerten politischen Veränderung. Anders als die sogenannten „etablierten Parteien“ gehen wir als junge und moderne Bürgerbewegung ideologiefrei an Themen heran. Unser Ziel ist es, eine große Koalition unter Führung der CDU oder Rot-Rot-Grün zu verhindern. Ein Vierer-Parteienbündnis zur Bildung einer Regierung lehnen wir ab. Sollte eine Koalition der bürgerlichen Vernunft nicht möglich sein, dann sind wir als starke Oppositionspartei der Stachel im Fleisch der Regierungskoalition.

 

In Bayern können die Freien Wähler nach der Wahl eine wichtige Rolle spielen. Warum reicht es für die hessischen Freien Wähler bislang nur für kommunale Erfolge? 

 

EROGLU: Die Freien Wähler Hessen wurde erst 2009 gegründet, wir sind eine noch sehr junge Partei mit viel Potenzial, die auf einem guten Weg ist. Die Freie Wähler Bayern treten bereits seit 1998 zu Landtagswahlen an, 2008 zogen sie in den Landtag ein. Schon jetzt liegt nach einer aktuellen INSA-Umfrage unser zu erwartendes Wahlergebnis deutlich über dem Ergebnis von 2013. Auch das ermittelte Wählerpotenzial von 10 Prozent spricht eine deutliche Sprache. 

 

Die AfD hat „Annäherungsversuche“ auf kommunaler Ebene gegenüber Ihrer Partei unternommen. Könnten Sie sich eine Zusammenarbeit vorstellen?

 

EROGLU: Wir verstehen uns als basisdemokratische Graswurzelbewegung, die – wie zuvor schon erwähnt – die ideologiefreie, seriöse und bodenständig-solide Bearbeitung politischer Themen forciert. Wir tragen mit mehr als 2000 ehrenamtlichen Mandatsträgern in vielen Kommunen Verantwortung. Die AfD hat noch nie Verantwortung übernommen, sie hat auch keine Inhalte. Ganz im Gegensatz zu uns. Und genau hierin liegen die markanten Unterschiede zur AfD, die eine Zusammenarbeit nicht nur auf kommunaler Ebene verhindern.

 

Erwächst Ihnen mit der AfD ein Konkurrent im Parteienspektrum?

 

EROGLU: Die AfD ist noch immer eine monothematische Partei. Alle Sachthemen münden bei der AfD immer wieder beim Thema Flüchtlinge/Islam. Dies ist zu einfach gedacht, Probleme werden so nicht gelöst. Die AfD hat noch immer den Status einer Protestpartei, die jedoch ohne wirkliche politische Basis ist. Von einer „Konkurrenz“ gehen wir daher nicht aus, denn die Bürger merken, wer Probleme löst und wer nur heiße Luft produziert.

 

Wie erklären Sie sich den Niedergang der „Volksparteien“, vor allem der SPD? Ist der Niedergang dieser Parteien noch zu stoppen oder können diese wieder alte Stärke erlangen?

 

EROGLU: Als Landesvorsitzender der Freien Wähler steht es mir nicht zu über den Niedergang der alten Volksparteien zu urteilen. Eine Politikverdrossenheit sehen wir nicht, sondern eine Politikerverdrossenheit. Wir haben in den letzten beiden Jahren unsere Mitglieder fast verdreifacht. Auch treten so viele Parteien wie nie zuvor zu Wahlen an. Dies kann sicherlich als Indiz dafür gelten, dass die alten Volksparteien die Nähe zu den Bürgern verloren haben. mei

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