"Wir wollen einen anderen Weg"

Hinweis: Das Gespräch wurde vor den hessischen Landtagswahlen, die im Oktober 2018 stattfanden, geführt. mei

 

Herr Mansoori, die Jusos waren in den vergangenen Monaten das „Lieblingskind“ der Medien? Hier stachen vor allem die Bundes-Jusos hervor. Die hessischen Jusos übten sich im Vergleich dazu eher in Zurückhaltung? Würden Sie dieser These von Kritikern zustimmen?

 

 KAWEH MANSOORI: Wir haben bei den Jusos in Hessen schlichtweg eine Aufgabenteilung. Der Landesverband macht Landespolitik. Das wird man im Landtagswahlkampf merken. Die beiden Bezirke Hessen Süd und Nord kümmern sich inhaltlich um alles andere. In den Bezirken haben die Jusos auch sehr engagiert für ein Nein zur GroKo geworben. Das gilt innerparteilich wie öffentlich. Und wir haben damit ja auch die höchste mediale Reichweite seit langem erreicht. Die Bezirke waren alles andere als zurückhaltend. 

 

 Wie steht Ihr Verband der neuen großen Koalition gegenüber?

 

 MANSOORI: Wir wollten einen anderen Weg und haben uns nicht durchgesetzt. Das Ergebnis akzeptieren wir. Aber wir stecken nicht den Kopf in den Sand. Schon in der No-GroKo Kampagne haben wir immer wieder die Unterschiede zwischen SPD und CDU sichtbar gemacht. Damit machen wir jetzt unter Regierungsbedingungen weiter. In drei Jahren muss klar sein: Was ist der GroKo-Kompromiss und was will die SPD eigentlich? Wenn am Ende jeder weiß, dass wir die Zwei-Klassen-Medizin nur überwinden, wenn die SPD die Regierung führt, dann gewinnen wir auch die nächste Bundestagswahl.

 

Welches Verhältnis haben die hessischen Jusos zum hochgelobten Juso-Vorsitzenden Künert? Hatte er mit seinem Kampf gegen die GroKo recht?

 

 MANSOORI: Ein sehr gutes. Kevin ist verbindlich. Er kämpft hart in der Sache, bleibt aber im Ton fair und sachlich. Er ist das Gesicht einer neuen Debattenkultur in der SPD. Die Kampagne war richtig und wir haben auch einiges erreicht. In den letzten Monaten haben wir das Profil der SPD geschärft und wieder Leben, Kontroverse und konstruktiven Richtungsstreit in die Partei gebracht. Das ist ein Teil der Erneuerung, über die alle sprechen. Das müssen wir jetzt inhaltlich unterfüttern.

 

War es das schon mit dem Erneuerungsprozess innerhalb der SPD? Wie geht es mit der Partei und den Jusos nach der GroKo-Abstimmung weiter?

 

MANSOORI: Die Erneuerung fängt jetzt erst an. Wir haben für viele Themen nette Überschriften im Schaufenster. Wenn wir sie mit Leben füllen, kommen wir im Bund auch wieder über 30 Prozent. Konfliktfrei wird das nicht. Aber wir bekommen kein Profil, wenn wir uns nicht trauen anzuecken. Um die Lasten fair zu verteilen, müssen Reiche höhere Steuern zahlen. Um sozialen Fortschritt zu erreichen, müssen wir mehr über Investitionen sprechen als über die schwarze Null. Wenn wir etwas gegen Armut tun wollen, brauchen wir eine auskömmliche Grundsicherung ohne Sanktionen statt Hartz IV. Die Jusos werden in der inhaltlichen Neuaufstellung eigene Vorschläge machen.

 

Welche Chancen rechnen Sie der SPD bei den hessischen Landtagswahlen aus?

 

MANSOORI: Gute. Entscheidend sind nicht Umfragedaten, sondern echte Stimmen an einem Wahlsonntag. Der Wahlsieg von Peter Feldmann in diesem schwierigen Umfeld stimmt uns selbstbewusst. Bis zum Herbst werden ja auch viele in Hessen darüber nachdenken, wer uns in eine bessere Zukunft führen kann. Warum sollte die CDU in den nächsten 5 Jahren bezahlbare Wohnungen schaffen, Staus in den Griff bekommen oder den Lehrermangel beseitigen können, wenn sie es in 19 Jahren nicht konnte?

 

Reicht es für eine Regierungsübernahme in Hessen?

 

MANSOORI: Ja. Selbst die von dem Chaos in Berlin geprägten Umfragen zeigen uns, dass eine SPD geführte Landesregierung erreichbar ist. Je näher die Landtagswahl rückt, desto knapper wird es werden. Und nach fünf Jahren schwarz-grün wissen auch alle, dass jede Stimme für die Grünen eine Stimme für Volker Bouffier ist. Viele wollen das nicht. Ich gehe fest davon aus, dass wir einen sozialdemokratischen Ministerpräsidenten bekommen.

 

Wäre eine GroKo für Hessen eine Option? Oder vielleicht doch rot-rot-grün? Was wäre Ihnen „lieber“? 

 

 MANSOORI: 19 Jahre CDU sind genug. Wir wollen einen echten Politikwechsel. Viele von uns arbeiten ihr gesamtes junges, politisches Leben darauf hin. Chancengleichheit in der Bildung, bezahlbare Mietwohnungen und das Recht darauf, mobil sein zu können, auch wenn man kein Auto hat oder in der Großstadt lebt, das alles geht mit anderen Parteien besser als mit der CDU. Deswegen brauchen wir auch eine andere Mehrheit. 

 

Welche Rolle schreiben Sie den Jusos beim Landtagswahlkampf zu?

 

MANSOORI: Wir werden unseren Beitrag leisten, damit die Gesamtkampagne erfolgreich ist. Wir haben da ja auch ein hohes Eigeninteresse. Allein in meinem Bezirk Südhessen treten acht Wahlkreiskandidaten an, die direkt aus den Reihen der Jusos kommen oder noch im Juso-Alter sind. Wir kämpfen um jedes Direktmandat und jeden Sitz im Landtag und werden der CDU nichts schenken. Wir sind bis in die Haarspitzen motiviert.

 

Welche politischen Ziele haben Sie sich persönlich noch gesetzt?

 

 MANSOORI: Mit den Jusos arbeite ich an der inhaltlichen Neuaufstellung der Bundes SPD. Gerade bei der Veränderung der Arbeitsgesellschaft, den damit verbundenen Abstiegsängsten und der Frage wovon wir künftig eigentlich leben werden, haben wir echte Großbaustellen. Diese Aufgabe will ich gut machen. Welche Aufgabe ich danach mache, entscheidet meine Partei. mei

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