Stachel im Fleisch der etablierten Parteien

Hinweis: Das Gespräch mit Stefan Heck wurde vor den hessischen Landtagswahlen 2018 geführt. mei

 

Herr Heck, ihr Wettbewerber bei den politischen Jugendorganisationen, die Jusos der SPD, sorgten mit Ihrer Anti-GroKo-Kampagne, für viel Wirbel in der Öffentlichkeit. Hat die JU auch ein ähnliches Thema am Start, das für Aufsehen sorgen könnte?

 

STEFAN HECK: Jugendorganisationen müssen immer Stachel im Fleisch der etablierten Parteien sein. Die Jusos nutzen die organisierte Verantwortungslosigkeit in der SPD für eine geschickte Kampagne. Das ist ihr gutes Recht. Aber auch Jugendorganisationen dürfen sich nicht im Wettbewerb um die schrillste Schlagzeile erschöpfen.

Sondern?

 

HECK: Wenn es um die zentralen Anliegen der jungen Generation in unserem Land geht, war leider von den Jusos in den letzten Jahren wenig zu hören. Ich würde mich zum Beispiel freuen, wenn die Jusos ein Teil der Kraft, den sie in für innerparteiliche Debatten in der SPD investieren, nutzen würden, um mit uns gemeinsam für eine generationengerechtes Rentensystem zu kämpfen.

 

Aber die CDU hat auch innerparteiliche Probleme. Angela Merkel und die Christdemokraten durchleben deshalb harte Zeiten. Was hat die CDU in die Schieflage gebracht? 

 

HECK: Es stimmt, dass wir bei der letzten Bundestagswahl ein historisch schlechtes Ergebnis erzielt haben. Mit 32,9 Prozent können wir nicht zufrieden sein. Es ist gut, dass wir über die Ursachen im CDU Bundesvorstand und auf unserem Parteitag sehr offen und ausführlich diskutiert haben. Die CDU ist derzeit die letzte verbliebene Volkspartei. Daraus ergibt sich eine große Verantwortung. Ich teile die Einschätzung unserer neuen Generalsekretärin, dass wir uns insbesondere um diejenigen Menschen kümmern müssen, die Vertrauen in staatliche Institutionen verloren haben.

 

Aber was muss passieren, damit die CDU wieder Fahrt aufnimmt? 

 

HECK: Die Wahl von Annegret Kramp-Karrenbauer ist ein starkes Signal: Dass eine amtierende Ministerpräsidentin ein staatliches Amt aufgibt, um sich ganz in den Dienst ihrer Partei zu stellen, beeindruckt mich. Wenn sie ihr neues Amt nutzt, um deutlich zu machen, was „CDU pur“ ist, was wir also tun würden, wenn wir nicht auf die notwendigen Kompromisse mit unserem Koalitionspartner angewiesen wären, hat sie dabei die Unterstützung der Jungen Union. 

 

Ist die CDU in Hessen besser aufgestellt als im Bund? 

 

HECK: Wir sind auf beiden Ebenen sehr gut aufgestellt. Es ist gut, dass die Bundeskanzlerin bei ihrem Vorschlag für das künftige Kabinett viele ganz unterschiedliche Persönlichkeiten berücksichtigt hat. Ich bin überzeugt, dass uns diese Vielfalt gut tun wird. 

Was ist in Hessen eigentlich aus dem konservativen Markenkern geworden. Frühere Protagonisten waren die „Tankstellen-Connection“ um Koch und Jung sowie Christean Wagner als konservativer Merkel-Kritiker im Berliner Kreis.

 

Heute kommt ihre Partei als „Grünen-Versteherin um die Ecke“. Ist das der richtige Weg?

 

HECK: Ich bin der festen Überzeugung, dass Parteien ein klares und unverwechselbares Profil brauchen. Zum Markenkern der Union gehören zum Beispiel das christliche Menschenbild, die soziale Marktwirtschaft und ein „starker Staat“ bei der Gewährleistung der inneren Sicherheit. So sehr wir diese Punkte herausstellen müssen, so sehr müssen demokratische Parteien untereinander Kompromiss- und koalitionsfähig bleiben. Nach meinem Eindruck gelingt das in Hessen ausgesprochen gut.

 

Wie will, wie muss sich die CDU im Hinblick auf die Landtagswahl in diesem Jahr aufstellen? 

 

HECK: Es wird jedenfalls nicht reichen, die großen Erfolge der letzten Jahre aufzuzählen. Wir brauchen den mutigen Blick nach vorn. Wir müssen deutlich machen, wo wir mit unserem Land noch hinwollen. Und die Menschen auch emotional ansprechen. Was bedeutet „Heimat“ im 21. Jahrhundert? Wie können wir aus den Gegensätzen zwischen den Metropolen und dem ländlichen Raum ein Miteinander machen? Hier bietet die Digitalisierung die große Chance, sehr attraktive Jobs auch abseits der großen Städte anzubieten. 

 

Wie steht es in Hessen mit der Erneuerung Ihrer Partei. Wann kommt der Nachwuchs an die Schaltstellen der Macht? 

 

HECK: Wir haben viele sehr engagierte junge Abgeordnete in der Landtagsfraktion und mit Staatssekretär Patrick Burghardt ein Mitglied der Landesregierung und stellvertretenden Vorsitzenden der CDU Hessen. Ich werbe dafür, dass Mitglieder der Jungen Union künftig noch stärker in Verantwortung eingebunden werden.

 

Weiteres wichtiges Thema ist die Nachfolge „ihres“ Ministerpräsidenten Volker Bouffier. Hier ist auch niemand in Sicht. Oder doch? 

 

HECK: Wir sind als Jungen Union Hessen froh, einen erfolgreichen Ministerpräsidenten an der Spitze unseres Landes zu haben, der auch in Berlin maßgeblich Verantwortung trägt. Wir werden alles dafür tun, dass er und wir alle gemeinsam am 28. Oktober erfolgreich sind. mei

 

Zur Person: Stefan Heck ist 35 Jahre alt und von 2013 bis 2019 Landesvorsitzender der Jungen Union Hessen. Er hat Jura in Marburg, Krakau und Speyer studiert und ist heute als Rechtsanwalt zugelassen. Von 2013 bis 2017 war er Mitglied des Deutschen Bundestages für den Wahlkreis Marburg-Biedenkopf. Heute ist er Staatssekretär im hessischen Ministerium für Inneres und Sport. mei

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