Finanzämter beklagen Personalmangel

Das freut ihn umso mehr, da er mit dem Geld des Finanzamtes gerne seine Exkursionen in ferne Länder finanzieren kann. Doch in den letzten Jahren wurde seine Freude etwas getrübt. Denn sein Finanzamt brauchte immer länger für die Bearbeitung seiner Steuererklärung. In diesem Jahr dauert es exakt 90 Tage, bis der Einkommensteuerbescheid im Briefkasten des Frankfurter Managers lag.

 

Warum dauert die Bearbeitung so lange? Wir haben bei Experten nachgefragt! „In Hessen betrug im Jahr 2018 die durchschnittliche Bearbeitungszeit von Arbeitnehmer-Steuererklärungen für den Veranlagungszeitraum 2017 55,78 Tage“, Moritz Venner, Sprecher des Bundes der Steuerzahler Hessen vor. Dieser Wert sei im Vergleich zum Vorjahr um 3,8 Tage gestiegen. Einkommensteuerfälle von gewerblich oder selbständig Tätigen benötigten mit durchschnittlich 66,09 Tagen etwas länger. Hier erhöhte sich die Wartezeit gegenüber dem Vorjahr um 1,29 Tage. 

 

Berliner bekommen am schnellsten ihren Steuerbescheid

 

Im Ländervergleich landete Hessen in beiden Fällen erneut auf einem der letzten Plätze. Spitzenreiter sei Berlin, wo Arbeitnehmer im Schnitt nur 35,5 Tage auf ihren Steuerbescheid warten mussten. „Auch in unserem Nachbarland Rheinland-Pfalz ging es zügiger als in Hessen: Dort betrug die Durchlaufzeit durchschnittlich 45,3 Tage“, so Venner weiter.  Die Bearbeitungszeit könne im Einzelfall natürlich auch deutlich nach unten oder oben abweichen. Das hänge von der „Komplexität des Sachverhalts“, dem Umfang und der Vollständigkeit der Angaben und gegebenenfalls von erforderlichen Nachfragen beim Bürger ab.

 

"Es hängt schlicht und ergreifend am Personal"

 

Michael Volz, ist Landesvorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft in Hessen. Für ihn liegen die Gründe für die lange Wartezeit auf der Hand. Es hänge „schlicht und ergreifend“ am Personalmangel. Der sei in Hessen genauso zu beklagen, wie  in den anderen Bundesländern. „Dabei muss man der Fairness halber sagen, dass wir enorm hohe Einstellungszahlen haben und auch die Politik scheinbar gegensteuern will“, so Volz. Leider nur nicht in letzter Konsequenz, denn neben massiven internen Umstrukturierungen, hätten die Ämter hohe Altersabgänge zu verzeichnen.

 

Viele gut ausgebildete Kräfte wandern in die freie Wirtschaft ab

 

Darüber hinaus verließen auch sehr viele junge und erstklassige ausgebildete Finanzbeamte die Ämter in Richtung „freie Wirtschaft“, zu den steuerberatenden Berufen und anderen steuerrelevanten Abteilungen von Unternehmen. „Die Landespolitik muss einfach erkennen, dass die derzeitigen Anreizmomente auf dem Arbeitsmarkt nicht ausreichen, um langfristig bestehen zu können. Deshalb fordern wir als Steuergewerkschaft schon seit geraumer Zeit eine Attraktivitäts-Offensive“, sagt Volz. Hierzu zählt der Gewerkschafter unter anderem eine Verbesserung der Personalentwicklungsmöglichkeiten, sowie die Schaffung von Wohnungen für Beschäftigte. „Mit der Besoldung nach A 6 oder nach A 9, in den Eingangsbezahlungsämtern, kann man im Ballungsraum Rhein-Main, aber auch anderswo in Hessen, schlicht nicht wohnen und leben“, stellt Volz fest.

 

Steuerzahler kann die Bearbeitungszeit kurz halten

 

Bei aller Kritik an langen Bearbeitungszeiten der Finanzämter. „Jeder Steuerzahler kann selbst dazu beitragen, die Bearbeitungsdauer seiner Steuererklärung möglichst kurz zu halten“, erklärt Venner. Grundsätzlich würden Einkommensteuererklärungen nämlich in der Reihenfolge ihres Eingangs bearbeitet. Wer früher seine Erklärung abgebe, bekomme im Regelfall auch früher seinen Steuerbescheid. 

Sehr schnell gehe es mit der Bearbeitung, wenn die Erklärungen im ersten Drittel des Jahres abgegeben würden. Wer seine Einkommensteuererklärung erst im Juni oder später einreicht, muss gegebenenfalls länger warten, weil in den Ämtern mehr Erklärungen eingehen. Es komme übrigens nicht darauf an, wie man seine Steuererklärung abgebe: Elektronische Erklärungen würden gegenüber denen in Papierform nämlich nicht bevorzugt. mei

 

 

1,6 Millionen Einkommensteuerfälle 

 

Für den Zeitraum 2017 lagen zum 31.12.2018 rund 1,6 Mio Einkommensteuerfälle in Hessen vor, so Michael Volz, Vorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft Hessen. Das Jahr 2017 sei noch nicht vollständig abgewickelt. Die Abgabefrist für die Steuererklärungen 2018 endet zum 31.07.2019, so dass noch keine eindeutige Aussage getroffen werden kann. Von den bisher abgegebenen rund 600.000 Steuererklärungen seien fast alle schon abgearbeitet.

Nach Berechnungen der Steuergewerkschaft fehlten den hessischen Finanzämter trotz Einstellungen rund 1.000 bis  1.200 Mitarbeiter. Und wenn dann die Prüfungsdienste mit 100 Prozent ausgestattet sein müssten, führe das in anderen Arbeitsbereichen zu einer niedrigeren Besetzung von Arbeitsplätzen und zu Arbeitsvorräten. Zum Teil auch dort, wo die Steuererklärungen bearbeitet werden und der Steuerbürger auf seine Steuerrückerstattung wartet. mei"