Nach schweren Unfällen: Abbiegeassistenten für Lastwagen gefordert

Die Zahl ist alarmierend. So starben in diesem Jahr in Deutschland bereits 23 Radfahrer durch abbiegende Lkw. Das sind Zahlen, die der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) herausgefunden hat. Und die Tendenz ist steigend. Tödliche Fahrrad-Unfälle durch abbiegende Lastwagen nehmen zu: 2013 seien es laut des ADFC 28 und 2017 schon 38 gewesen . Unabhängig vom Insgesamt seien im vergangenen Jahr in Deutschland 383 Radfahrer bei Verkehrsunfällen gestorben.

 

Nach Angaben der Unfallforschung der Versicherer (UDV), sei jeder dritte im Straßenverkehr getötete Radfahrer Opfer eines Abbiegeunfalls ist. Die meisten dieser Unfälle ereigneten sich an Ampelkreuzungen, während die Radfahrer Grün haben. Vor diesem Hintergrund hatte jetzt der Bundesrat den Bund aufgefordert, sich bei der EU für eine Einbaupflicht von Assistenten für Lkw ab 7,5 Tonnen einzusetzen. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) übt sich bei diesem Thema aber noch in Zurückhaltung. Vor allem nationale Alleingänge bei diesem Thema gefallen ihm nicht. Er befürchtet in einem solchen Fall, dass Deutschland in einem solchen Fall vor den europäischen Gerichtshof lande, weil ein nationaler Alleingang gegen EU-Recht verstoße. 

 

Am Abbiegeassistenten geht kein Weg vorbei

 

Für Siegfried Brockmann, Experte bei der Unfallforschung der Autoversicherer, geht am Abbiegeassistenten für Lkws kein Weg vorbei. Zwar seien die tödlichen Unfälle mit Radfahrern relativ „selten“, trotzdem müsse die neue Technik zum Einsatz kommen, denn dann ließe sich diese schweren Unfälle noch deutlich reduzieren. Bedauerlich findet Brockmann, dass Daimler Benz bislang der einzige Hersteller sei, der das Abbiegassistenzsystem anbiete. Dieser „Totewinkel-Warner“ schlage mit rund 2500 Euro zu Buche.

 

Die Politik ist dringend gefordert 

 

Für den Unfallforscher ist nun dringend die Politik gefordert. Diese müsse die europäischen Verhandlungen vorantreiben. Auch “national“ müsse dafür Sorge getragen werden, dass die Nachrüstung mit Abbiegesystemen gesetzlich vorgeschrieben werde. Auch sollten staatliche „Fördertöpfe“ bereitgestellt werden, die den Einbau der neuen Technik forcierten. Darüber hinaus sollten die Hersteller verpflichtet werden, ihre Lkws serienmäßig mit Abbiegeassistenzsystemen auszustatten. „Und die Speditionen müssen natürlich auch nur solche Fahrzeuge kaufen“, so Brockmann. 

 

Nachrüstpflicht für alte Lastwagen

 

Auch für den ADFC-Hessen stellen rechtsabbiegende Lkw im innerstädtischen Bereich für Radfahrer eine erhebliche Gefährdung dar. Abbiegeassistenzsysteme könnten diese ungeschützten Verkehrsteilnehmer im direkten Umfeld eines Nutzfahrzeugs erkennen und den Fahrer warnen.  Vor diesem Hintergrund solle sich die Bundesregierung dafür einsetzen , dass für Nutzfahrzeuge ab 7,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht Abbiegeassistenzsysteme verpflichtend vorgeschrieben werden. Das soll für neue Fahrzeuge und für bestehende Fahrzeuge im Wege einer Nachrüstpflicht gelten. Außerdem solle die Bundesregierung die Investitionen des Güterkraftverkehrsgewerbes in Abbiegeassistenzsysteme verstärkt fördern und sich gegenüber den deutschen Versicherern dafür einsetzen, dass für Nutzfahrzeuge mit Abbiegeassistenzsystemen Rabatte bei der Versicherung gewährt werden.

 

Wirtschaftsminister gibt Schützenhilfe

 

Schützenhilfe bekommen der hessische Radfahrer-Club von Hessens Wirtschafts- und Verkehrsminister Tarek Al-Wazir. „Wir wollen, dass sich die Bundesregierung intensiver für sogenannte Abbiege-Assistenten einsetzt, die notfalls eine Vollbremsung einleiten“, fordert auch er. 

Al-Wazir geht davon, dass bei diesem Thema nicht mit schnellen Ergebnissen zu rechnen sei, deshalb müsse kurzfristig etwas unternommen werden. Auch Hessens Verkehrsminister möchte, dass die Bundesregierung in diese Technik investiert und sie fördert. 

 

Weitere Maßnahmen, die erfolgversprechend sind

 

Grundsätzlich begrüßt auch der ADAC Hessen-Thüringen alle Maßnahmen, „die die Entwicklung und Einführung von Abbiegeassistenten für Lkw und Busse beschleunigen“, so ADAC-Sprecher Oliver Reidegeld. Es gäbe aber noch eine Reihe weiterer Möglichkeiten, beispielsweise fest installierte Warnanlagen an den Ampeln, die die Verkehrsteilnehmer darauf aufmerksam machen, dass Fußgänger und Radfahrer kreuzen können. Neben dem Abbiegeassistent gebe es noch eine Reihe weiterer Maßnahmen, welche erfolgversprechend seien.

 

Die Technik der Systeme ist noch nicht ausgereift

 

Zum einen seien dies Infrastrukturmaßnahmen. „So ist bei Planung und Betrieb von Kreuzungen auf gute Sichtbeziehungen zwischen den Verkehrsteilnehmern zu achten. Versetzte Grünphasen für die motorisierten Fahrzeuge und Fußgänger-Radverkehr sind eine weitere Option, Gefahrenpunkte zu entschärfen“, erläutert Reidegeld. Parallel dazu sollten öffentliche Institutionen, Verbände und Medien ihre Anstrengungen verstärken, insbesondere junge und ältere Verkehrsteilnehmer über die Gefahren des toten Winkels in Nutzfahrzeugen aufzuklären. Der ADAC ist der Auffassung, dass nach dem derzeitigem Stand der Technik die Systeme noch nicht ausgereift sind. Warnsysteme müssten sehr zuverlässig sein und dürfen den Lkw-Fahrer nicht durch häufige Fehlalarme irritieren oder verunsichern. Häufige Fehlalarme würden die Akzeptanz solcher Systeme erheblich reduzieren, so Reidegeld. mei"