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Politics & Economics  ·  08. August 2019

Ökonomen realisieren größten Laborversuch der Wirtschaftsforschung

Denn sein Einsatz steht in keinem Verhältnis zum minimalen Einfluss, den er nehmen kann. Mit dem bisher größten Laborexperiment der Wirtschaftsforschung hat eine Gruppe deutscher Experimentalökonomen diese Theorie jetzt nachhaltig erschüttert.

 

Und darüber hinaus eine erstaunliche Entdeckung gemacht - mit erheblichen Auswirkungen auf den politischen Umgang mit der Beteiligung: Nachweislich hängt unser Engagement keineswegs nur am Einfluss, den wir haben. Wesentlich wichtiger ist, ob uns wirklich klar ist, wofür wir uns einsetzen. 

Seit Mancur Olsons 1965 erschienenem Buch "The Logic of collective Action" beruft sich die Wissenschaft auf die Theorie, dass große Gruppen nicht in der Lage sind, Kollektivgüter bereitzustellen. Im größten Laborexperiment, das bisher in der experimentellen Wirtschaftsforschung realisiert worden ist und das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert wurde, hat eine Gruppe deutscher Experimentalökonomen um Joachim Weimann, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftspolitik an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, die Olson-Theorie jetzt unter Laborbedingungen getestet. 

 

Mehr als 5.000 Versuchspersonen nahmen teil

 

Mit mehr als 5.000 Versuchspersonen kamen sie zu einem überraschenden Ergebnis: Große Gruppen, in denen die Mitglieder nur einen sehr geringen Einfluss auf das Gruppenergebnis hatten, sind zu exakt der gleichen Kooperationsleistung fähig, wie die zur Kontrolle eingesetzten Kleingruppen. Den von Olson beschriebenen Effekt, dass der schwindende individuelle Einfluss in großen Gruppen jegliche Kooperation unmöglich macht, konnten die Forscher nicht beobachten. 

 

Sichtbare Vorteile beflügeln kooperatives Verhalten 

 

Stattdessen war für das Kooperationsverhalten der Mitglieder großer Gruppen etwas entscheidend, das die Forschung bisher nicht im Blick hatte: Tatsächlich kommt es weniger auf den absoluten Wert des Beitrags an (der sehr klein sein kann), als vielmehr darauf, in welcher Relation dieser zur Bedeutung des Einzelnen in einer Gruppe steht. Die Forscher interpretieren dies als einen Indikator für die Sichtbarkeit (Salienz) des wechselseitigen Vorteils, den kooperatives Verhalten erzeugt: Meine eigene Kooperation hilft anderen, die Kooperation der Anderen nützt mir. 

Das eröffnet einen gänzlich neuen Ansatz in der Forschung zum Kollektivgutproblem.

 

Sichtbarkeit der Vorteile ist für kooperatives Handeln verantwortlich

 

Wenn die Sichtbarkeit der Kooperationsvorteile für gemeinschaftliches Handeln entscheidend ist, ergeben sich neue Fragestellungen mit erheblicher praktischer und politischer Bedeutung. Das würde nämlich bedeuten, dass zum Beispiel  demokratische Systeme in Gefahr geraten, wenn den Bürgern die wechselseitigen Vorteile, die durch Partizipation am politischen Leben für alle entstehen, nicht mehr hinreichend klar sind. Dass die Lösung von Umweltproblemen entscheidend davon abhängt, ob die Vorteile von umweltschonendem Verhalten hinlänglich bekannt und im öffentlichen Bewusstsein angekommen sind. Dass also Kollektivgutprobleme vor allem dann zustande kommen, wenn die Vorteile ihrer Lösung nicht ausreichend sichtbar sind. 

 

Lösung gelingt aber nur partiell

 

Das experimentelle Großprojekt hat allerdings auch gezeigt, dass selbst unter den idealen Bedingungen eines Labors eine Lösung des Kollektivgutproblems nur partiell gelingen kann, wenn man sich dabei allein auf die freiwillige Kooperation von Individuen verlässt. Immerhin ein Drittel der Teilnehmer war jedoch bei hinreichender Salienz zur Kooperation bereit. Und genau darin liegt wiederum die Chance: "30 Prozent Befürworter - das ist in demokratischen Systemen eine unverzichtbare Basis für rationale kollektive, also politische Entscheidungen", sagt Joachim Weimann. pm, ots

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