Auch 80 Jahre nach dem 2. Weltkrieg bleiben noch viele Fragen offen

 "Jede Generation muss eigene Antworten auf die zentralen Fragen finden, die sie beschäftigt", sagte die Professorin der Universität Düsseldorf der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Der Zweite Weltkrieg gehöre zweifellos weiterhin dazu.

 

Aktuelle Forschungsansätze seien etwa, wie der Krieg erst sehr spät in die deutsche Provinz gekommen sei. Auch die Behördengeschichte sei ein neues und wichtiges Feld. Über das Reichsinnenministerium sei kaum etwas bekannt. Zahlreiche Praktiken auch anderer Behörden seien noch zu untersuchen und die Frage nach Kontinuitäten zu stellen. 

 

Die Parteienlandschaft in der Weimarer Zeit war nicht gefestigt

 

Schlotheuber wandte sich dagegen, Parallelen der jetzigen Zeit zu den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg zu ziehen. "Die Situation gegenwärtig ist mit der in den 1930er-Jahren ebenso wenig vergleichbar wie AfD und NSDAP es sind." Die Parteienlandschaft der Weimarer Republik sei nicht gefestigt gewesen, die Wirtschaftskrise habe eine beträchtliche Rolle gespielt. Soziale, menschliche und politischen Prozesse und Überzeugungen hätten im Kaiserreich gewurzelt. "All dies ist heute anders, und ohnehin gilt: Geschichte wiederholt sich nicht", betonte Schlotheuber. 

 

Skeptischer Blick auf internationale Friedensordnung

 

Der frühere Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg blickte  skeptisch auf den Zustand der internationalen Friedensordnung. Er sprach sich dafür aus, sich von der Vorstellung zu lösen, dass die Nachkriegsordnung unverändert bestehen bleiben könne. "Wir haben ein romantisches, fast nostalgisches Bild auf die internationalen Institutionen entwickelt", sagte Guttenberg. Aber: "Die Vereinten Nationen sind ein Schatten ihrer selbst, ein sklerotisches Gebilde." Ähnliches gelte für multilaterale Konfliktlösungsmechanismen wie den Internationalen Gerichtshof, der von maßgeblichen Spielern systematisch ausgehebelt werde. "Es ist ein zwingender Auftrag, dies schonungslos zu sehen und zu Reformen zu führen", sagte der CSU-Politiker. 

 

Die Schwierigkeiten der EU müssen offener benannt werden

 

Auch Schlotheuber riet zu einer nüchternen Betrachtung. Die EU, wie sie einmal war, gebe es nicht mehr. "Die Schwierigkeiten müssen offen benannt werden", sagte die Historikerin. Es helfe nicht weiter, einem Gebilde aus den 1980er-Jahren hinterherzutrauern. "Zudem darf die EU nicht nur aus deutscher Perspektive betrachtet werden", fügte sie hinzu. Andere Länder hätten gänzlich andere Erwartungen und Sichtweisen auf die Aufgaben der Gemeinschaft. Wichtig sei es, nicht an tradierten Strukturen festzuhalten, sondern Europa und die Vision einer lebenswerten Zukunft unabhängig von wirtschaftlichen Aspekten neu zu definieren. pm, ots

 

Hintergrund: Schlotheuber nahm an einer Podiumsdiskussion der "Neuen Osnabrücker Zeitung" aus Anlass des 80. Jahrestags des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs am 1. September teil.

 

 

 

English Version

 

 

"Every generation has to find its own answers to the central questions it is dealing with," said the professor from the University of Düsseldorf of the "Neue Osnabrücker Zeitung". The Second World War undoubtedly continues to be.

 

Current research approaches are about how the war came to the German province very late. The history of the authorities is also a new and important field. Little is known about the Reich Ministry of Interior. Numerous practices of other authorities are yet to be investigated and the question of continuity.

 

The party landscape in the Weimar period was not consolidated

 

Schlotheuber turned against drawing parallels of the present time to the years before the Second World War. "The current situation is just as unlike that of the 1930s as AfD and NSDAP are." The party landscape of the Weimar Republic had not been consolidated, the economic crisis had played a significant role. Social, human and political processes and convictions had rooted in the Kaiserreich. "All this is different today, and anyway: history does not repeat," said Schlotheuber.

 

Skeptical view of international peace order

 

The former Federal Defense Minister Karl-Theodor zu Guttenberg looked skeptically at the state of the international peace order. He was in favor of abandoning the idea that the post-war order could remain unchanged. "We have developed a romantic, almost nostalgic image on the international institutions," said Guttenberg. But, "The United Nations is a shadow of itself, a sclerotic entity." The same applies to multilateral conflict resolution mechanisms such as the International Court of Justice, which is systematically undermined by key players. "It is a compelling mandate to see this ruthlessly and to lead to reforms," said the CSU politician.

 

The difficulties of the EU must be more openly named

 

Schlothe also advised a sober consideration. The EU, as it once was, no longer exists. "The difficulties must be named openly," said the historian. It does not help to mourn a structure from the 1980s. "In addition, the EU must not be viewed only from a German perspective," she added. Other countries have completely different expectations and views on the tasks of the community. It is important not to hold on to traditional structures, but to redefine Europe and the vision of a future worth living independently of economic aspects. pm, ots, mei