Die freie Arztwahl soll begrenzt werden

Das sagte der KBV-Chef (KBV) im Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ). "Derzeit wird das nicht kontrolliert. Die Gesundheitskarte funktioniert wie eine Flatrate, und es gibt Patienten, die das gnadenlos ausnutzen." 

 

Statt einer Wiedereinführung der Praxisgebühr schlägt Gassen eine Versicherungsreform gegen das Ärzte-Hopping vor: "Eine Steuerung über ein Wahltarifsystem wäre ein guter Weg. Wer sich verpflichtet, sich auf einen koordinierenden Arzt zu beschränken, sollte von einem günstigeren Kassentarif profitieren. Wer jederzeit zu jedem Arzt gehen möchte, müsste mehr bezahlen", sagte er. 

 

Selektiv-Verträge können Vorbild sein

 

Der KBV-Chef verwies auf sogenannte Selektiv-Verträge, die von Privaten Krankenversicherungen bereits angeboten werden. "Diese sollte es - als Wahlmöglichkeit - auch für alle Kassenpatienten geben. Dafür ist es höchste Zeit, und ich bin sicher, es würde sehr gut angenommen." Jemanden etwa für den Besuch eines zweiten Arztes derselben Fachrichtung zu bestrafen, wäre hingegen "zu aufwendig und vielleicht auch nicht immer sachgerecht", sagte.

 

AOK und Techniker Krankenkasse lehnen Vorschlag ab

 

Unterdessen lehnen die gesetzlichen Krankenkassen lden Vorschlag von Kassenärzte-Chef Gassen ab, höhere Beiträge für die freie Arztwahl zu verlangen. Der Chef der AOK Rheinland/Hamburg, Günter Wältermann, sagte der Düsseldorfer "Rheinischen Post": "Ich halte den Vorschlag für vollkommen verfehlt. Er berücksichtigt weder das Patientenbedürfnis nach Information in gegebenenfalls schwierigen Lebenslagen, noch gibt er eine Antwort auf bestehende Unterschiede in der Gesundheitskompetenz der Menschen. Der freie Arztzugang ist ein hohes Gut, welches wir nicht aufgeben. Steuerung muss über Belohnung und nicht über Bestrafung erfolgen. Der Vorschlag ist ein Irrweg." 

 

"Das ist die Wiedereinführung der Praxisgebühr"

 

Ähnlich äußerte sich Barbara Steffens, Chefin der Techniker Krankenkasse in Nordrhein-Westfalen: "Was Herr Gassen da vorschlägt, ist im Grunde die Wiedereinführung der Praxisgebühr. Die ist 2013 aber aus gutem Grund wieder abgeschafft worden: Sie hat keine steuernde Wirkung entfaltet, sie hat nur Ärger für Patienten und Ärzte bedeutet. Es ist keine adäquate Antwort auf volle Wartezimmer und wird den differenzierten Bedarfen nicht gerecht." Bei der Steuerung der Patientenströme könne heute die Digitalisierung helfen, Telemedizin und Videosprechstunde können Praxen entlasten. "Bei guter Organisation und konsequenter Umsetzung von Digitalisierung und Telemedizin muss es keine so überfüllten Sprechzimmer geben. Kassenpatienten müssen das Recht auf freie Arztwahl und Zweitmeinung behalten", sagte Steffens der Redaktion. pm, ots