Serie: Die AfD im Parlament - Teil 2

Seit 2017 sitzt die AfD im Bundestag, und seit 2018 ist sie in allen Landtagen vertreten; weiter hat sie zahlreiche Sitze in kommunalen Parlamenten und Gemeindevertretungen der Republik. Bei der Landtagswahl am 28. Oktober 2018 in Hessen hat die AfD 13,1 Prozent der abgegebenen Zweitstimmen erhalten.

 

Die AfD  war damit zunächst mit 19 Abgeordneten im Hessischen Landtag vertreten und ist viertstärkste Fraktion geworden; mit dem Ausschluss der Abgeordneten Alexandra Walter aus der Fraktion (nicht der Partei) hat sie seit der konstituierenden Sitzung am 18. Januar 2019 18 Abgeordnete.

 

Verdachtung auf Verbreitung rechtsextremistischen Gedankenguts

 

Der Ausschluss erfolgte wegen des Verdachts der Verbreitung rechtsextremistischen Gedankengutes, etwa im Rahmen von Kommentaren auf Facebook . Die Fraktion besteht aus 17 männlichen und einer weiblichen Abgeordneten. Weiter sieht die Sozialstruktur nach den Selbstangaben folgendermaßen aus: Drei Personen haben einen Diplomabschluss (Kaufmann, Verwaltungswirt, Meteorologe), ein Abgeordneter hat einen Bachelorabschluss in Maschinenbau und Mechatronik. Zwei Personen sind Meister – einmal im KfZ- und einmal im Druckbereich. 

Es gibt einen Rechtsanwalt und einen Volljuristen, dann einen Arzt, eine Heilpraktikerin, einen geschäftsführenden Gesellschafter, einen Polizeibeamten, einen Bürgermeister a. D. und einen Rentner. Zwei Personen waren als Studienrat und als Lehrer tätig, ein Abgeordneter gibt Redenschreiber an. 

 

 Der Altersdurchschnitt liegt bei 57,6 Jahren

 

Der Altersdurchschnitt liegt bei 57,6 Jahren, dabei sind drei Personen unter 50 und acht Personen sind zwischen 50 und 60 Jahren, vier Personen zwischen 60 und 70 Jahre alt und drei Personen sind älter als 70 Jahre (Stand Juni 2019). Fraktionsvorsitzender ist Robert Lambrou und die AfD ist in allen Ausschüssen vertreten. In zwei Ausschüssen – dem Rechtspolitischen Ausschuss und dem Europaausschuss – hat sie mit Walter Wissenbach und Karl Hermann Bolldorf den Vorsitz und damit Schlüsselpositionen der Legislative inne; in zwei weiteren Ausschüssen – dem Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und dem Unterausschuss für Heimatvertriebene, Aussiedler, Flüchtlinge und Wiedergutmachung hat sie mit Dimitri Schulz und Gerhard Schenk den stellvertretenden Vorsitz inne. 

 

 Parlament lehnt Vizepräsident der AfD ab

 

Ihre Vorschläge mit den Abgeordneten Bernd-Erich Vohl (erste Abstimmung) und dem ehemaligen Bürgermeister von Biedenkopf Karl Herrmann Bolldorf (zweite Abstimmung) für den Sitz eines Vizepräsidenten des Landtages sind von der großen Mehrheit der Abgeordneten abgelehnt worden. Im Präsidium des Landtages ist die AfD mit Klaus Herrmann und Rolf Kahnt und im Ältestenrat mit Klaus Herrmann vertreten.

 

 AfD ist auch im Rundfunkrat vertreten

 

Im Kuratorium der hessischen Landeszentrale für politische Bildung ist die AfD durch Frank Grobe, im Rundfunkrat durch Arno Enners und im Landesjugendhilfeausschuss durch Heiko Scholz vertreten. In der Landespersonalkommission sind Karl Herrmann Bolldorf und im Wahlausschuss zur Wahl der richterlichen Mitglieder des Staatsgerichtshofes Walter Wissenbach. Mit der parlamentarischen Repräsentanz ist die AfD mit materiellen Ressourcen ausgestattet, hat sie Rechte auf Kontrolle und Auskunft, Zugänge zu Daten und Informationen, die sie systematisch nutzt bzw. nutzen kann. Im Parlament kann sie ihre Politikvorstellungen propagieren, ist es ihr möglich Diskurse zu erzwingen und Druck zu erzeugen.

 

 Die parlamentarischen Aktivitäten der AfD beobachtet

 

Die Wissenschaftler haben in einem – längerfristig angelegten – Untersuchungsvorhaben für den Zeitraum vom 18. Januar 2019 – der konstituierenden Sitzung des Landtages – bis zum Beginn der Sommerpause (hier war die letzte Plenarsitzung am 19. Juni 2019) die parlamentarischen Aktivitäten der AfD beobachtet und untersucht. Dazu zählen

  • die eingebrachten Anträge – im Untersuchungszeitraum waren das insgesamt 38;
  • die eingebrachten Kleinen und Großen Anfragen – im Untersuchungszeitraum waren das insgesamt 80 Kleine Anfragen und eine Große Anfrage;
  • Beobachtungen von Debattenbeiträgen (u. a. bei Anträgen, Aktuellen Stunden) und Verhaltensweisen in ausgewählten Plenarsitzungen aus der Zuschauerperspektive. Im untersuchten Zeitraum gab es insgesamt 15 Plenarsitzungen.

Zentrales Erkenntnisinteresse der parlamentsbezogenen Landesstudie ist, empirisch zu dokumentieren und zu klären, welche ideologischen Grundlinien, Themen und Fragen, Sprache und Verhaltensweisen (Umgangsformen) die AfD aus der Oppositionsperspektive in den Landtag einbringt. Es geht darum, wie sie ihre Aktivitäten begründet und im parlamentarischen Betrieb agiert; wie ihre qualitativen (inhaltlichen) und quantitativen (zahlenmäßigen) Aktivitäten einzuschätzen sind; wie ihr Profil und ihre Veränderungsabsichten bzw. „Gegenangebote“ für das Bundesland Hessen aussehen.

 

 Parlamentsstudien werden durch Landtagsstudie ergänzt

 

Dabei interessiert mit Blick in andere Landtagsfraktionen beziehungsweise die Bundestagsfraktion auch, wie sich die hessische Partei beziehungsweise Fraktion im Spannungsfeld von gemäßigt-rechtskonservativer, populistischer und rechtsnationalistischer/rechtsextrem-völkischer Strömung in die parlamentarische Arbeit und öffentliche Debatte einbringt, positioniert und entwickelt. Vorliegende Parlamentsstudien werden durch diese Landesstudie ergänzt; sie ist ein weiterer Baustein in der Aufklärung über die „Grammatik“ und Politikstrategien von AfD-Fraktionen . 

 

 Auswertung ergibt ein differenziertes Bild

 

Die Auswertung des schriftlichen Materials und die Beobachtungen der Wissenschaftler ergeben in einer ersten Zwischenbilanz ein durchaus differenziertes thematisches, semantisches und verhaltensbezogenes Bild. Dabei ist zu beachten, dass es mit der hier gewählten Struktur und detaillierten Dokumentation vereinzelt Überscheidungen gibt und Aspekte auch doppelt aufgenommen werden; das gilt vor allem für den Zusammenhang von Migration/Asyl und „Ausländer“ – der letztere Allgemeinbegriff wird wiederholt verwandt – mit innerer Sicherheit/Kriminalität, aber auch für Schule, Gesundheit, Gender und Kultur. Zunächst werden die Aktivitäten materialnah vorgestellt und anschließend mit einer ersten thesenförmigen Zusammenfassung und verallgemeinerten Deutung (auch mit Blick in weitere Materialien) versehen; dann wird eine Gesamteinschätzung vorgenommen. mei

 

English version

 

Since 2018 the AfD has also been represented in the state parliament of Hesse. How does the right-wing populist party behave in parliament? How do its deputies act there? Two Marburg extremism researchers, Benno Hafenger and Hannah Jestädt, have analysed the party and its behaviour. Since 2017 the AfD has been a member of the Bundestag, and since 2018 it has been represented in all state parliaments; furthermore it has numerous seats in local parliaments and municipal representations of the republic. In the state elections on 28 October 2018 in Hesse, the AfD received 13.1 percent of the second votes cast.

 

The AfD was initially represented in the Hessian state parliament by 19 MPs and has become the fourth strongest parliamentary group; with the exclusion of Alexandra Walter from the parliamentary group (not the party), it has 18 MPs since the constituent meeting on 18 January 2019.

 

Suspicion of dissemination of right-wing extremist ideas

 

The exclusion was made on suspicion of the dissemination of right-wing extremist ideas, for example in the context of comments on Facebook . The group consists of 17 male and one female MEP. Furthermore, the social structure according to the self-declaration is as follows: Three persons have a diploma (businessman, administrative manager, meteorologist), one member has a bachelor degree in mechanical engineering and mechatronics. Two people are master craftsmen - one in the automotive sector and one in the printing sector. 

There is a lawyer and a fully qualified lawyer, then a doctor, a non-medical practitioner, a managing partner, a police officer, a retired mayor and a pensioner. Two persons were active as study councillors and teachers, one member of parliament states as speechwriter. 

 

 The average age is 57.6 years

 

The average age is 57.6 years, with three persons under 50 and eight persons aged between 50 and 60, four persons aged between 60 and 70 and three persons over 70 (as of June 2019). Robert Lambrou is the group chairman and the AfD is represented in all committees. In two committees - the Committee on Legal Affairs and the Committee on European Affairs - she chairs Walter Wissenbach and Karl Hermann Bolldorf, thus holding key positions in the legislative branch; in two other committees - the Committee on the Environment, Climate Protection, Agriculture and Consumer Protection and the Subcommittee on Expellees, Aussiedler, Refugees and Reparations - she holds the vice-chairmanship with Dimitri Schulz and Gerhard Schenk. 

 

 Parliament rejects AfD Vice-President

 

Their proposals with the deputies Bernd-Erich Vohl (first vote) and the former mayor of Biedenkopf Karl Herrmann Bolldorf (second vote) for the seat of a vice-president of the Landtag were rejected by the large majority of the deputies. In the presidency of the federal state parliament the AfD is represented with Klaus Herrmann and Rolf Kahnt and in the oldest advice with Klaus Herrmann.

 

 AfD is also represented on the Broadcasting Council

 

The AfD is represented by Frank Grobe on the board of trustees of the Hessian state centre for political education, by Arno Enners on the broadcasting council and by Heiko Scholz on the state youth welfare committee. Karl Herrmann Bolldorf is a member of the State Personnel Commission and Walter Wissenbach is a member of the Election Committee for the Election of Judicial Members of the State Court of Justice. With its parliamentary representation, the AfD is equipped with material resources, has rights of control and information, access to data and information that it systematically uses or can use. It can propagate its political ideas in parliament, force discourses and create pressure.

 

 Observing the parliamentary activities of the AfD

 

In a long-term research project covering the period from 18 January 2019 - the constituent session of the Landtag - to the beginning of the summer break (the last plenary session was on 19 June 2019), the scientists observed and examined the parliamentary activities of the AfD.

 

  • These include the total number of applications submitted during the investigation period was 38;the small and large requests submitted - in the period under study, there were a total of 80 small requests and one large request;
  • Observations of contributions to debates (e.g. motions, current hours) and behaviour in selected plenary sessions from the perspective of the audience. There were a total of 15 plenary sessions in the period under review.

The central interest of the parliament-related state study is to document empirically and to clarify which ideological basic lines, topics and questions, language and behaviour (manners) the AfD brings into the state parliament from the opposition perspective. It is about how it justifies its activities and how it acts in parliamentary operations; how its qualitative (content) and quantitative (numerical) activities are to be assessed; what its profile and its intentions for change or "counteroffers" for the federal state of Hesse look like.

 

 Parliamentary studies are supplemented by Landtag studies

 

With a view to other parliamentary groups in the federal state of Hesse and the Bundestag, it is also of interest to see how the Hessian party and parliamentary group, in the field of tension between moderate right-wing conservative, populist and right-wing nationalist/right-wing extremist internationalism, is involved, positioned and developed in parliamentary work and public debate. The present parliamentary studies are supplemented by this country study; it is a further building block in the enlightenment about the "grammar" and political strategies of AfD factions. 

 

 Evaluation gives a differentiated picture

 

The evaluation of the written material and the observations of the scientists in a first interim balance result in a thoroughly differentiated thematic, semantic and behavioural picture. It should be noted here that the structure and detailed documentation chosen here may occasionally give rise to overlaps and that aspects are also included twice; this applies above all to the connection between migration/asylum and "foreigners" - the latter general term is repeatedly used - with internal security/crime, but also to school, health, gender and culture. First, the activities are presented close to the material and then provided with a first thesespecified summary and generalized interpretation (also with a view to further materials); then an overall assessment is made. mei