Studie: Die wirtschaftlichen Aussichten haben sich deutlich verschlechtert

Der CFO Survey wurde von der Unternehmensberatung Deloitte herausgegeben. Für Deutschland sehen immerhin noch zwei von fünf Finanzvorständen eine mindestens noch gute aktuelle Lage. Die Ergebnisse für die Eurozone und die USA sind ähnlich; für China stehen die Aussichten zwar etwas besser, sind aber klar negativ. All das indiziert eine merkliche Abkühlung der Weltwirtschaft, wenn auch nicht notwendigerweise eine Rezession. 

 

"Im vergangenen halben Jahr haben sich die Geschäftsaussichten deutlich verdüstert und folgen dem seit etwa zwei Jahren im CFO Survey erkennbaren Abwärtstrend", sagt, lexander Börsch, Chefökonom bei Deloitte. "Vor allem die Investitionsbereitschaft ist eingebrochen und befindet sich das erste Mal seit 2012 im negativen Bereich. Ähnliches gilt für die Einstellungsbereitschaft der Unternehmen Generell ist die Stimmung in der Automobil- und der chemischen Industrie sowie beim Maschinenbau sehr pessimistisch, die Konsumgüterindustrie und Immobilienbranche halten sich zumindest noch im neutralen Bereich. Damit setzt sich die Zweiteilung der Wirtschaft zwischen Dienstleistungssektor und Industrie fort. Ein Lichtblick ist die digitale Transformation, in die viele Unternehmen nach wie vor investieren wollen." 

 

Wirtschaftliche Lage noch gut, die Aussichten deutlich schlechter

 

Wirtschaftliche Lage noch gut, Aussichten deutlich schlechter: Obwohl die Finanzvorstände die aktuelle Lage in den wichtigsten Weltregionen noch als positiv bewerten, überwiegt bei den Konjunkturaussichten für Deutschland eher Pessimismus: Für das kommende Jahr erwarten 59 Prozent der CFOs eine schlechtere Lage, gegenüber acht Prozent Optimisten. Die Geschäftsaussichten für das eigene Unternehmen brechen mit einem Rückgang von -26 Prozentpunkten im Vergleich zum Frühjahrs-Survey deutlich ein. Die Werte für die Investitions- und Einstellungsbereitschaft liegen erstmals seit Herbst 2012 im negativen Bereich. 

 

Potenzielle Risiken. für deutsche Unternehmen

 

Relevante Veränderungen gegenüber der Frühjahrs-CFO-Umfrage zeigen sich auch bei den potenziellen Risiken für deutsche Unternehmen. Fast zwei Drittel der Unternehmen fürchten in den nächsten zwölf Monaten als größtes Geschäftsrisiko eine sinkende Inlandsnachfrage. Die Angst vor einem Erlahmen der Binnenkonjunktur schiebt sich somit vor die lange Zeit dominierenden Faktoren wie geopolitische Risiken und den Fachkräftemangel. 

 

Geringe Bereitschaft für Neueinstellungen und Investitionen

 

Die negativen Trends tangieren auch die Investitions- und Einstellungsbereitschaft der Unternehmen unmittelbar. So geht die Investitionsbereitschaft für die nächsten 12 Monate um 33 Prozentpunkte zurück und ist erstmals seit 2012 wieder negativ. Dabei sind die Branchen unterschiedlich stark betroffen: Während die Investitionsbereitschaft in Automobilindustrie (Indexwert: -69%), Maschinenbau (-57%) und chemische Industrie (-57%) stark zurückgeht, bleibt sie in der Konsumgüterindustrie (+18%) und der Immobilienbranche (+38%) anhaltend positiv. 

Bei der Einstellungsbereitschaft ist vor allem das Bankwesen (-64%) noch zurückhaltender als die Automobilindustrie (-54%). Niedrige Zinsen sind als Investitionstreiber der Umfrage zufolge eher ineffektiv, eine weitere Lockerung der Geldpolitik - wie während des Befragungszeitraums geschehen - dürfte den Investitionswillen daher kaum stärken, nur jeder 25. CFO würde deswegen mehr investieren. Am ehesten würde mit einer Zustimmung von 10 Prozent die Immobilienbranche auf geldpolitische Maßnahmen reagieren. 

 

Digitalisierung stärkster Investitionstreiber und personeller Hemmschuh

 

Den allgemein negativen Investitionstrends zum Trotz überzeugt die digitale Transformation als einer der wenigen verbliebenen positiven Investitionstreiber: Die digitale Transformation ist für 44 Prozent der Unternehmen ein positiver Investitionsfaktor, besonders im Bankwesen (64%) und in der Konsumgüterindustrie (55%). Als struktureller Faktor stützt die Digitalisierung damit Investitionsausgaben, wenn auch andere Investitionsarten auf dem Prüfstand stehen. In der Finanzfunktion hingegen erzeugt die Digitalisierung trotz enormer Möglichkeiten einen Engpass im personellen Bereich: Neue digitale Rollen bedürfen digitaler Qualifikationen, die nicht ohne Weiteres durch freiwerdende Mitarbeiter erfüllt werden; zugleich mangelt es den Bewerbern an den erforderlichen Kompetenzen. Die digitale Qualifizierung der eigenen Mitarbeiter wird somit zur Top-Priorität für die Digitalisierung der Finanzfunktion. 

 

Auf europäischer Ebene ebenfalls eher Pessimismus

 

Auch in Europa hat sich die wirtschaftliche Lage stark abgekühlt: Mit 36 Prozent der europäischen CFOs - ein Rekordwert - zeigten sich deutlich mehr Finanzvorstände pessimistisch hinsichtlich der finanziellen Aussichten ihrer Unternehmen als noch Anfang des Jahres (26%). Die Geschäftsaussichten in der Eurozone befinden sich mit einem Rückgang von 21 Prozentpunkten im Vergleich zum Frühjahr 2019 auf dem niedrigsten Niveau seit Beginn des European CFO Survey (2015). Auf ein Rekordtief gesunken ist auch der Risikohunger (18%) und die Umsatz- und Margenerwartungen, die auf den niedrigsten Stand seit Beginn des europäischen Surveys 2015 sanken. 

Verglichen mit den großen Euro-Mitgliedsstaaten schneidet Deutschland am schlechtesten ab (-38%), auch Italien (-19%) und Spanien (-19%) setzen den negativen Trend fort. Außerhalb der Eurozone hat vor allem das Vereinigte Königreich weiter mit den Folgen der Brexit-Unsicherheiten zu kämpfen - das zeigt sich auch bei der Investitionsbereitschaft, wo Unternehmen aus Großbritannien den mit weitem Abstand niedrigsten Wert aufweisen. Dennoch sind die Geschäftsaussichten im Vereinigten Königreich inzwischen etwas besser als in Deutschland. 

 

Kunden erwarten klimaverträgliche Lösungen

 

Im Hinblick auf den Klimawandel ist bei deutschen Unternehmen spätestens mit der "Friday-for-future"-Welle viel in Bewegung gekommen, der Druck kommt hier vor allem von Kundenseite und zwingt Unternehmen, u.a. ihre Effizienz beim Energieverbrauch zu überdenken und verbessern. Dies ist der Studie zufolge die aktuell wichtigste Maßnahme für CFOs. So hat bereits in Drittel der Unternehmen entsprechende Emissionsziele festgelegt, um dem Klimawandel entgegenzutreten. 

 

Nutzung von klimafreundlichen Technologien

 

Neben einer Effizienzsteigerung (über 80 Prozent durchschnittlich, bei der Automobilindustrie 92%) setzen etwas mehr als die Hälfte der Unternehmen auf die Nutzung klimafreundlicher Technologien, während der Klimawandel nur bei einem Drittel der befragten CFOs als Innovationsanstoß, z.B. für neue Produkte und Services, genutzt wird. Auch hier ist die Automobilindustrie innerhalb der Sektoren klarer Spitzenreiter (69%). 

 

Mangelnde Bereitschaft für Investitionen und Einstellungen

 

"In dieser gesamtwirtschaftlichen Situation ist ein Rückgang der Geschäftsaussichten nicht verwunderlich und war zu erwarten", sagt Rolf Epstein, als Partner bei Deloitte verantwortlich für das CFO Programm. "Bemerkenswert allerdings der Rückgang von 26 Prozentpunkten seit der Frühjahrsumfrage - nur noch 8 Prozent der CFOs schätzen ihre Geschäftsaussichten im Dreimonatsvergleich besser ein. Das macht sich insbesondere bei der zunehmend mangelnden Bereitschaft für Investitionen und Einstellungen bemerkbar. Einzige Ausnahme ist der Bereich Digitalisierung, der einerseits andere Geschäftsrisiken abfedern hilft und zugleich spezielle Qualifikationen erfordert, die der Arbeitsmarkt noch nicht ausreichend bietet. Vor allem der Finanzbereich kann auf solche dringend nötigen Kompetenzen nicht warten, sondern sollte Maßnahmen verstärken, die solche Kompetenzen zunehmend aus innerbetrieblichen Quellen sicherstellen." 

 

Digitale Qualifizierung der eigenen Mitarbeiter

 

"Zusammenfassend lässt sich anhand der genannten Aspekte erkennen, welches Ausmaß das Dilemma des Talent-Managements besonders in der Finanzfunktion hat" ergänzt Markus Seeger, als Director bei Deloitte verantwortlich für die Durchführung des CFO Survey. "Neue digitale Rollen können nicht ohne Weiteres durch freiwerdende Mitarbeiter besetzt werden, deren Aufgaben automatisiert worden sind. Aber auch über den Arbeitsmarkt sind die erforderlichen qualifizierten Kräfte nicht in einem ausreichenden Umfang zu gewinnen - trotz einer angemessenen Arbeitsplatzattraktivität. Es bleiben die alternativen Beschäftigungsmodelle, die jedoch immer die Gefahr von Abhängigkeiten bergen. Hier wird deutlich, wie wichtig die weitere digitale Qualifizierung der eigenen Mitarbeiter ist, damit die Digitalisierung nicht an den Menschen scheitert." 

 

Hintergrund: Der halbjährlich von Deloitte erhobene CFO Survey reflektiert die Einschätzungen von Finanzvorständen deutscher Großunternehmen und basiert in seiner 16. Ausgabe auf einer im September 2019 durchgeführten Befragung von über 1300 Finanzvorständen weltweit, darunter 145 CFOs deutscher Unternehmen mit einem Jahresumsatz ab einer halben Milliarde Euro. pm, ots

 

English version

 

The current issue of the CFO Survey confirms the economic concerns for Germany. The economic outlook has deteriorated sharply since the CFO survey conducted last spring. The CFO Survey was published by the management consultancy Deloitte. After all, two out of five CFOs in Germany still see at least a good current situation. The results for the Eurozone and the USA are similar; the outlook for China is somewhat better, but clearly negative. All this indicates a noticeable slowdown in the global economy, although not necessarily a recession. 

 

"In the past six months, business prospects have darkened considerably and are following the downward trend that has been apparent in the CFO Survey for about two years," says lexander Börsch, Chief Economist at Deloitte. "Above all, the willingness to invest has collapsed and is in negative territory for the first time since 2012. In general, the mood in the automotive, chemical and mechanical engineering industries is very pessimistic, and the consumer goods and real estate industries are still at least in neutral territory. The division of the economy between the service sector and industry thus continues. One bright spot is the digital transformation, in which many companies still want to invest." 

 

Economic situation still good, prospects significantly worse

 

Economic situation still good, outlook significantly worse: Although the CFOs still assess the current situation in the most important regions of the world as positive, pessimism prevails in the economic outlook for Germany: 59 percent of CFOs expect the situation to worsen in the coming year, compared with eight percent optimists. The business outlook for the company itself is clearly collapsing, with a decline of -26 percentage points compared to the spring survey. For the first time since autumn 2012, the figures for willingness to invest and hire are in negative territory. 

 

Potential risks. for German companies

 

Relevant changes compared to the spring CFO survey can also be seen in the potential risks for German companies. Almost two-thirds of companies fear that the biggest business risk over the next twelve months will be falling domestic demand. Fears of a slowdown in the domestic economy are thus being pushed aside by factors that have dominated for a long time, such as geopolitical risks and the shortage of skilled workers. 

 

Low willingness to hire new staff and invest

 

The negative trends also have a direct impact on companies' willingness to invest and hire. The willingness to invest will decline by 33 percentage points over the next 12 months and will be negative again for the first time since 2012. The sectors are affected to varying degrees: While the willingness to invest in the automotive industry (index value: -69%), mechanical engineering (-57%) and the chemical industry (-57%) is declining sharply, it remains positive in the consumer goods industry (+18%) and the real estate sector (+38%). 

In terms of willingness to recruit, the banking sector in particular (-64%) is even more cautious than the automotive industry (-54%). According to the survey, low interest rates are rather ineffective as investment drivers, so a further easing of monetary policy - as happened during the survey period - is unlikely to strengthen the willingness to invest; only every 25th CFO would invest more as a result. The most likely reaction of the real estate sector to monetary policy measures would be a 10 percent approval rate. 

 

Digitalisation is the strongest investment driver and a personal obstacle

 

Despite the generally negative investment trends, the digital transformation is convincing as one of the few remaining positive investment drivers: digital transformation is a positive investment factor for 44 percent of companies, especially in banking (64%) and in the consumer goods industry (55%). As a structural factor, digitization thus supports capital expenditure, even though other types of investment are also under scrutiny. In the finance function, on the other hand, digitization creates a bottleneck in personnel despite the enormous opportunities: new digital roles require digital qualifications that are not easily fulfilled by employees who become redundant; at the same time, applicants lack the necessary skills. The digital qualification of their own employees thus becomes a top priority for the digitization of the finance function. 

 

Pessimism at the European level also tends to be pessimistic

 

 In Europe, too, the economic situation has cooled considerably: with 36 percent of European CFOs - a record figure - significantly more CFOs were pessimistic about the financial prospects of their companies than at the beginning of the year (26 percent). The business outlook in the euro zone is at its lowest level since the start of the European CFO Survey (2015), with a decline of 21 percentage points compared with spring 2019. Risk appetite (18%) and sales and margin expectations, which fell to their lowest level since the start of the European survey in 2015, have also fallen to a record low. Compared with the major euro member states, Germany is the worst performer (-38%), while Italy (-19%) and Spain (-19%) also continue the negative trend. Outside the euro zone, the United Kingdom in particular continues to struggle with the consequences of the Brexit uncertainties - this is also reflected in the willingness to invest, where companies from Great Britain have by far the lowest value. Nevertheless, business prospects in the UK are now somewhat better than in Germany. 

 

Customers expect climate-friendly solutions

 

With regard to climate change, the "Friday-for-future" wave at the latest has set a lot in motion for German companies, with pressure coming primarily from customers and forcing companies to rethink and improve their energy efficiency, among other things. According to the study, this is currently the most important measure for CFOs. One third of companies have already set emission targets to combat climate change. 

 

Use of climate-friendly technologies

 

In addition to an increase in efficiency (over 80 percent on average, 92 percent for the automotive industry), slightly more than half of the companies rely on the use of climate-friendly technologies, while only one third of the CFOs surveyed use climate change as a stimulus for innovation, e.g. for new products and services. Here, too, the automotive industry is the clear leader within the sectors (69%). 

 

Lack of willingness to invest and recruit

 

"In this overall economic situation, a decline in the business outlook is not surprising and was to be expected," says Rolf Epstein, partner at Deloitte and responsible for the CFO program. "Remarkably, however, the decline of 26 percentage points since the spring survey - only 8 percent of CFOs now assess their business prospects better in a three-month comparison. This is particularly noticeable in the increasing reluctance to invest and hire. The only exception is the area of digitisation, which helps to cushion other business risks and at the same time requires special qualifications that the labour market does not yet offer sufficiently. The financial sector in particular cannot wait for such urgently needed skills, but should strengthen measures to increasingly secure such skills from internal sources". 

 

Digital qualification of own employees

 

"In summary, the above-mentioned aspects show the extent of the talent management dilemma, particularly in the finance function," adds Markus Seeger, Director at Deloitte responsible for conducting the CFO Survey. "New digital roles cannot easily be filled by employees who have become free and whose tasks have been automated. But even the labour market cannot be used to recruit a sufficient number of the necessary qualified staff - in spite of an appropriate job attractiveness. The alternative employment models remain, but they always entail the risk of dependencies. Here it becomes clear how important the further digital qualification of one's own employees is, so that digitisation does not fail because of people." 

 

Background: The CFO Survey, which is conducted every six months by Deloitte, reflects the assessments of CFOs of major German companies and is based in its 16th edition on a survey conducted in September 2019 of over 1300 CFOs worldwide, including 145 CFOs of German companies with annual sales of more than half a billion euros.

pm, ots, mei