Klimakrise und Artensterben sind die zwei Seiten einer Medaille

Insgesamt verbucht die Internationale Rote Liste mittlerweile mehr als 30.000 Tiere- und Pflanzenarten als bedroht. In einem Blick zurück benennt der WWF - stellvertretend für das globale Artensterben - die tierischen Verlierer 2019.

 

Dazu zählen das Sumatra-Nashorn, Jaguar und Koala, Kaiserpinguine und Eisbären. Kaum einen Funken Hoffnung mehr gibt es für die Jangtse-Riesenweichschildkröte. Das letzte bekannte Weibchen verstarb 2019 in einem Zoo. Allerdings konnten 2019 auch einige Erfolge verzeichnet werden: In Myanmar werden kaum noch Elefanten gewildert. Die Saiga-Antilopen, im vergangenen Jahr noch ein großer Verlierer, konnten sich von einer Seuche erholen. Und womöglich kann der Bestand des Sehuencas-Wasserfroschs durch den Fund eines Weibchens gerettet werden. 

 

Die Erderhitzung verändert Ökosysteme

 

"Klimakrise und Artensterben sind Zwillingskrisen. Beides hängt zusammen und beschleunigt sich gegenseitig. Die Erderhitzung verändert Ökosysteme in dramatischem Tempo. Viele Tiere und Pflanzen können sich nicht schnell genug anpassen. Wir müssen diese gefährliche Entwicklung auch um unserer selbst willen stoppen, denn die Biodiversität ist unsere entscheidende Lebensgrundlage", warnt WWF-Vorstand Eberhard Brandes. "Wilderei, Lebensraumzerstörung und immer mehr Plastikmüll in den Ozeanen kommen zu den Folgen der Klimakrise noch einmal oben drauf." 

 

Der Mensch kann den Artenschutz noch zum Positiven wenden

 

Doch der Mensch kann das Schicksal bedrohter Arten durch konsequenten Natur- und Artenschutz zum Positiven verändern - das zeigen die Gewinner. "Wir haben es in der Hand. Wir können einen Unterschied bewirken. Wenn wir denn dazu bereit sind", so Brandes. Die Klimakonferenz in Madrid bezeichnete er als "gruseligen Fehlstart" in das für die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens so entscheidende Jahr 2020. "Wir stehen vor einem Jahr der Entscheidungen. Nach Madrid gilt: Jetzt erst recht! Die internationale Staatengemeinschaft hat 2020 die Chance beim Klimaschutz und dem Erhalt der biologischen Vielfalt große, ausschlaggebende Schritte voranzukommen. Deutschland und Europa haben hier eine Schlüsselrolle auf internationaler Ebene, der sie endlich gerecht werden müssen." 

 

Das Verlierer im Jahr 2019 

 

Eisbären: Dem Eisbären geht es in einigen Regionen deutliche schlechter. Insgesamt könnte ein Drittel der globalen Population bis 2050 verschwinden. Schuld daran ist vor allem die Klimakrise. So leben beispielsweise in der nördlichen Hudson Bay mit 842 Tieren etwa 18 Prozent weniger als 2011. In der südlichen Hudson Bay gibt es noch etwa 780 Tiere. Diese Population ist damit seit 2011 um 17 Prozent geschrumpft. In beiden Populationen gibt es auch wesentlich weniger Nachwuchs. 

 

Jangtse-Riesenweichschildkröte: Das letzte bekannte Weibchen der Jangtse-Riesenweichschildkröte verstarb dieses Jahr in einem chinesischen Zoo. Nun lebt im Zoo in Suzhou nur noch ein männliches Exemplar. Lediglich zwei weitere Tiere gibt es noch in freier Wildbahn - Geschlecht unbekannt. 

 

Sumatra-Nashorn: Malaysias letztes Sumatra-Nashorn ist 2019 eines natürlichen Todes gestorben. Damit gibt es nach WWF-Schätzungen nicht einmal mehr 80 Tiere - und zwar nur noch in Indonesien, verteilt auf neun isolierte Population. Der Lebensraum der Tiere schwindet, da der Wald für Palmölplantagen, Papierproduktion und Bergbau gerodet wurde. 

 

Koalas: Den verheerenden Buschbränden in Australien sind wohl hunderte Koalas zum Opfer gefallen. Große Flächen an Eukalyptuswäldern, Lebensraum und gleichzeitig Nahrungsgrundlage der Koalas, sind niedergebrannt. Doch auch ohne Großfeuer wird es für die Tiere immer enger: Jedes Jahr werden in Australien schätzungsweise 500.000 Hektar Wald gerodet. In den vergangenen 25 Jahren ist die Population um rund ein Drittel eingebrochen. 

 

Jaguar: Den Buschbränden am Amazonas sind auch die Jaguare zum Opfer gefallen. Insbesondere Jaguar-Reviere in Brasilien und Bolivien sind betroffen. Mindestens 500 Raubkatzen sind entweder unmittelbar verbrannt oder aus ihren Revieren vertrieben worden. Dadurch nehmen Konflikte zu. Die Tiere fliehen in andere Gebiete unter anderem auch menschliche Siedlungen, wo sie häufig erschossen werden. 

 

Kaiserpinguine: Schreitet die Erderwärmung weiterhin in diesem Tempo voran, könnte laut einer Studie die Population der Kaiserpinguine bis 2100 um 86 Prozent abnehmen. Bereits jetzt beobachten Forscher massive Bestandsrückgänge und weniger überlebende Jungtiere. 

 

Die Gewinner im Jahr 2019

 

Elefanten in Myanmar: Noch 2017 wurde in Myanmar wöchentlich fast ein Elefant wegen seiner Haut, die zu Hautcremes verarbeitet wird, getötet. Daher hat der WWF die Ausbildung von Rangern erweitert und 22 Stationen mit 220 Rangern errichtet. Mit Wirkung: In den Regionen Bago und Yangon wurden keine Elefanten mehr gewildert, in Irrawaddy hat sich die Fallzahl von 16 auf 7 mehr als halbiert. 

 

Goldschakal: Die nahen Verwandten der Wölfe verlassen immer mehr den warmen Südosten Europas und besiedeln Gebiete im zunehmend milderen Mitteleuropa. Eine Konsequenz der Erderhitzung und ein Beleg für die enorme Anpassungsfähigkeit der Schakale. So übersteigt ihr Bestand in Europa den des Wolfes um das Siebenfache. 

 

Sehuencas-Wasserfrosch: Ein männlicher Sehuencas-Wasserfrosch lebte fast zehn Jahre alleine, als letzter seiner Art im Naturhistorischen Museum "Alcide d'Orbigny" in Bolivien. Jetzt fand man im Rahmen einer gezielten Suchaktion in den Nebelwäldern des Landes ein weibliches Pendant. Durch zahlreiche Nachkommen könnte die schwindende Art nun also doch überdauern. 

 

Saiga: Anfang 2017 wurden tausende mongolische Saiga-Antilopen Opfer eines tödlichen Virus, der von Schaf- und Ziegenherden übertragen wurden. Die Seuche und der folgende harte Winter waren fatal: der Bestand schrumpfte von 11.000 auf 3.000 Tiere. Zwar ist der Bestand immer noch stark geschwächt, doch es gibt einen Silberstreifen am Horizont: Mittlerweile zeigen die ersten Saigas Immunität gegen das gefährliche Virus. Das ist die Chance, dass sich die Art erholen kann. 

 

Hirschferkel: Im November 2019 sind mehrere Vietnam-Kantschile aus der Familie der Hirschferkel in Südosten Vietnams in Kamerafallen getappt. Das hasengroße Huftier galt für fast 30 Jahre als verschollen. Die Region gehört zum Annamitengebirge, einer der artenreichsten Regionen der Erde. Der WWF ist dort bereits seit Jahren für den Artenschutz aktiv. pm, ots

 

English version

 

Man is cutting ever more visible pathways into the biological diversity of the earth. The nature conservation organisation WWF warns of this at the turn of the year and speaks of "the greatest extinction of species since the disappearance of the dinosaurs". The International Red List now lists more than 30,000 animal and plant species as threatened. In a look back, the WWF names the animal losers of 2019 - representative of the global extinction of species.

 

The International Red List now lists more than 30,000 animal and plant species as threatened. In a retrospective view, the WWF names the animal losers of 2019 - representative of the global extinction of species.

 

These include the Sumatran rhino, jaguar and koala, emperor penguins and polar bears. There is hardly a spark of hope left for the Yangtze River giant soft-shell turtle. The last known female died in 2019 in a zoo. However, some successes were recorded in 2019: In Myanmar, elephant poaching is almost non-existent. The Saiga antelopes, which were still a big loser last year, were able to recover from an epidemic. And perhaps the population of the Sehuencas water frog can be saved by finding a female. 

 

Global warming is changing ecosystems

 

"Climate crisis and species extinction are twin crises. Both are interrelated and accelerate each other. Global warming is changing ecosystems at a dramatic rate. Many animals and plants cannot adapt fast enough. We have to stop this dangerous development for our own sake, because biodiversity is our crucial basis for life," warns WWF Board member Eberhard Brandes. "Poaching, habitat destruction and more and more plastic waste in the oceans add to the consequences of the climate crisis. 

 

Man can still turn the protection of species to the positive

 

However, man can change the fate of endangered species for the better through consistent nature and species protection - as the winners show. "We have it in our hands. We can make a difference. If we are prepared to do so," says Brandes. He described the climate conference in Madrid as a "creepy false start" into 2020, which is so crucial for the implementation of the Paris Climate Agreement: "We are facing a year of decisions. After Madrid, the motto is: Now more than ever! In 2020, the international community of states has the opportunity to take major, decisive steps forward in climate protection and the conservation of biological diversity. Germany and Europe have a key role to play here at international level, and they must finally do justice to it. 

 

The loser in 2019 

 

Polar bears: The polar bear is clearly worse off in some areas. Overall, a third of the global population could disappear by 2050. The climate crisis is primarily to blame for this. In northern Hudson Bay, for example, there are 842 polar bears, about 18 percent fewer than in 2011, while in southern Hudson Bay there are still about 780 animals. This population has thus shrunk by 17 percent since 2011. In both populations there are also considerably fewer offspring. 

 

Yangtze giant soft-shell turtle: The last known female of the Yangtze giant soft-shell turtle died this year in a Chinese zoo. Now only one male specimen lives in the Suzhou Zoo. Only two other animals still exist in the wild - sex unknown. 

 

Sumatran rhino: Malaysia's last Sumatran rhino died a natural death in 2019. According to WWF estimates, this means that there are now less than 80 animals left - and only in Indonesia, spread over nine isolated populations. The animals' habitat is dwindling because the forest has been cleared for palm oil plantations, paper production and mining. 

 

Koalas: Hundreds of koalas have probably fallen victim to the devastating bush fires in Australia. Large areas of eucalyptus forests, habitat and food basis of the koalas, have burned down. However, even without a major fire, the area is becoming ever smaller for the animals: every year, an estimated 500,000 hectares of forest are cleared in Australia. Over the past 25 years, the population has collapsed by around a third. 

 

Jaguar: The bush fires in the Amazon have also claimed the lives of jaguars. Jaguar territories in Brazil and Bolivia are particularly affected. At least 500 cats of prey have either been directly burned or driven from their territories. This increases conflicts. The animals flee to other areas, including human settlements, where they are often shot. 

 

Emperor Penguins: If global warming continues at this rate, the population of emperor penguins could decline by 86 percent by 2100, according to a study. Researchers are already observing massive population declines and fewer young animals surviving. 

 

The winners in 2019

 

Elephants in Myanmar: As late as 2017, almost one elephant was killed every week in Myanmar because of its skin, which is processed into skin creams. Therefore, WWF has expanded the training of rangers and built 22 stations with 220 rangers. With effect: In the regions of Bago and Yangon no more elephants were poached, in Irrawaddy the number of cases has more than halved from 16 to 7. 

 

Golden Jackal: The close relatives of the wolves are increasingly leaving the warm southeast of Europe and settling areas in the increasingly milder Central Europe. A consequence of the earth's heating and proof of the jackals' enormous adaptability. So, its continuance exceeds that of the wolf in Europe around the sevenfold. 

 

Sehuencas water frog: A male Sehuencas water frog lived alone for almost ten years, the last of its kind in the Natural History Museum "Alcide d'Orbigny" in Bolivia. Now a female counterpart was found in the cloud forests of the country during a targeted search. Thanks to numerous descendants, the dwindling species could now survive after all. 

 

Saiga: In early 2017, thousands of Mongolian Saiga antelopes fell victim to a deadly virus transmitted by herds of sheep and goats. The epidemic and the following harsh winter were fatal: the population shrank from 11,000 to 3,000 animals. Although the herd is still severely weakened, there is a silver lining on the horizon: in the meantime, the first Saigas are showing immunity to the dangerous virus. This is a chance for the species to recover. 

 

Deer piglets: In November 2019, several Vietnam deer piglets from the deer piglet family in south-east Vietnam fell into camera traps. The hare-sized hoofed animal was considered lost for almost 30 years. The region belongs to the Annamite Mountains, one of the most species-rich regions on earth. The WWF has been active there for years in species protection. pm, ots, mei