Steuerbetrug? Dem europäischen Fiskus sind 38 Milliarden Euro verloren gegangen

Vielmehr scheint massiver Umsatzsteuerbetrug eine Ursache, der die EU-Staaten 30 bis 60 Milliarden Euro pro Jahr kostet. Dies zeigt eine Datenanalyse des Instituts für Weltwirtschaft Kiel (IfW Kiel) und des Ifo-Instituts in München.

 

„Wenn Unternehmen Umsätze als Exporte deklarieren, sind diese von der Umsatzsteuer befreit. Werden diese Umsätze aber gar nicht im Ausland erzielt, sondern im Inland, fehlen sie in der Importstatistik des angeblichen Handelspartners und bleiben damit unversteuert“, erklären die Autoren, IfW-Präsident Gabriel Felbermayr und Ifo-Forscher Martin Braml.

 

 

Europäischen Fiskus sind 30 Milliarden Euro verloren gegangen

 

Nach ihren Schätzungen sind dem europäischen Fiskus so alleine im Jahr 2018 rund 30 Milliarden Euro verloren gegangen. Sie empfehlen einen digitalen, automatisierten Datenabgleich von Importen und Exporten innerhalb der EU, um Bilanzfehler künftig zu verringern und Betrug zu erschweren. Die Berechnungen sind nun als Working Paper erschienen.

Die Forscher analysieren die erfassten Handelsdaten aller 28 EU-Mitgliedsstaaten untereinander seit 1999. Allein 2018 betrug der EU-EU-Handelsüberschuss beachtliche 307 Milliarden Euro. Dies entspricht knapp 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) der EU und ist mehr als das BIP der acht kleinsten EU-Mitglieder zusammen.

Politik braucht verlässliche Daten

 

Gesamte Welt hatte Handelsüberschuss von 357 Milliarden Euro

 

Die gesamte Welt hatte 2018 einen Handelsüberschuss mit sich selbst von 357 Milliarden Euro (422 Mrd. US-Dollar). Die globale Abweichung geht demnach zu 86 Prozent allein auf die EU zurück. Die EU bilanziert seit Gründung des Binnenmarktes 1993 einen Handelsüberschuss mit sich selbst, der mit der EU-Osterweiterung deutlich anstieg und sich über die letzten zwölf Jahre auf insgesamt 2,9 Billionen Euro summiert.

 

Fehler dieser Größenordnung nicht auf die leichte Schulter nehmen

 

„Einen Fehler in der Zahlungsbilanz dieser Größenordnung darf die EU nicht auf die leichte Schulter nehmen und als amüsante Kuriosität abtun, gerade auch, weil sich derzeit internationale Streitigkeiten an der Höhe von Handelsbilanzüberschüssen entzünden. Die Politik braucht verlässliche Daten“, so Felbermayr und Braml.

Am stärksten ins Gewicht fallen die statistischen Abweichungen in der Bilanz des Vereinigten Königreiches, was aber auch zurückgeht auf die dort praktizierte, bloß stichprobenmäßige Erfassung von Handelsdaten. Betrachtet man allein die Eurozone, sinkt der Überschuss im Jahr 2018 von 307 auf 126 Milliarden Euro. Geht man auch bei Länderpaaren, die Großbritannien umfassen, davon aus, dass die Bilanzabweichungen auf Steuerbetrug zurückzuführen sind, wurden in der EU 64 Milliarden Euro Steuern hinterzogen.

 

Steuerhinterziehung als eine Ursache hochwahrscheinlich

 

Die Autoren untersuchen verschiedene Erklärungen für die statistischen Abweichungen. Messfehler oder zufällige Ungenauigkeiten allein können die Abweichungen demnach nicht erklären, da diese dann im langfristigen Durchschnitt null sein müssten. „Steuerhinterziehung ist als eine Ursache des EU-EU-Handelsüberschusses hochwahrscheinlich und kostet den Steuerzahler jedes Jahr Milliarden“.

 

Bilanzqualität der Staaten ist unterschiedlich

 

Im Durchschnitt werden den Mitgliedsländern 18 Prozent zu viel Warenexporte und 26 Prozent zu viel Dienstleistungsexporte gemeldet. Dabei ist die Bilanzqualität der einzelnen Staaten höchst unterschiedlich. Die beste Datenqualität liefern die Niederlande, Deutschland liegt im vorderen Mittelfeld. Zypern, Irland, Luxemburg und Schweden weisen die größten Abweichungen auf. Besonders ausgeprägt sind die Unterschiede zwischen Nachbarstaaten und Mitgliedsländern mit größeren Unterschieden in den Mehrwertsteuersätzen. pm, ifo

 

English version

 

The EU has a trade surplus of 307 billion euros with itself, but if all imports and exports were correctly recorded, this would have to be zero. Measurement errors alone cannot explain this systematic deviation. Rather, massive VAT fraud appears to be a cause that costs the EU states 30 to 60 billion euros per year. This is shown by a data analysis by the Kiel Institute for the World Economy (IfW Kiel) and the Ifo Institute in Munich.

 

"If companies declare sales as exports, they are exempt from sales tax. However, if these sales are not generated abroad at all but in Germany, they are missing in the import statistics of the alleged trading partner and thus remain untaxed", explain the authors, IfW President Gabriel Felbermayr and Ifo researcher Martin Braml.

 

 

European tax authorities have lost 30 billion euros

 

According to their estimates, the European treasury will lose around 30 billion euros in 2018 alone. They recommend a digital, automated data reconciliation of imports and exports within the EU to reduce balance sheet errors in the future and make fraud more difficult. The calculations have now been published as a working paper.

The researchers are analysing the trade data collected by all 28 EU member states since 1999, with the EU-EU trade surplus reaching a remarkable 307 billion euros in 2018 alone. This corresponds to just under 2 percent of the EU's gross domestic product (GDP) and is more than the GDP of the eight smallest EU members together.

Politics needs reliable data

 

Whole world had trade surplus of 357 billion euros

 

The entire world had a trade surplus with itself of 357 billion euros (422 billion US dollars) in 2018. According to this figure, 86 percent of the global divergence can be attributed to the EU alone. Since the establishment of the single market in 1993, the EU has had a trade surplus with itself, which increased significantly with the EU's eastward enlargement and has totalled 2.9 trillion euros over the last twelve years.

 

Do not take mistakes of this magnitude lightly

 

"The EU must not take a balance of payments error of this magnitude lightly and dismiss it as an amusing curiosity, especially since international disputes are currently being sparked off by the size of trade surpluses. Politicians need reliable data", say Felbermayr and Braml. The statistical discrepancies in the UK's balance sheet are most significant, but this is also due to the fact that trade data are only collected on a random basis. Looking at the euro area alone, the surplus will fall from 307 to 126 billion euros in 2018. If we also assume for country pairs including the UK that the discrepancies in the balance sheet are due to tax fraud, 64 billion euro of tax evasion has been committed in the EU.

 

Tax evasion highly likely as a cause

 

The authors examine various explanations for the statistical deviations. Measurement errors or random inaccuracies alone cannot explain the deviations, as these would then have to be zero on the long-term average. "Tax evasion is highly probable as a cause of the EU-EU trade surplus and costs the taxpayer billions every year".

 

The balance sheet quality of countries varies

 

On average, member countries are reported to export 18 percent too much goods and 26 percent too much services. The balance sheet quality of the individual countries varies greatly. The best data quality is provided by the Netherlands, with Germany in the top midfield. Cyprus, Ireland, Luxembourg and Sweden show the greatest differences. The differences are particularly marked between neighbouring countries and member states with larger differences in VAT rates. pm, ifo, mei