WWF-Wissenschaftlerin: Was der Coronavirus mit dem Wildtierhandel zu tun hat

May Hokan, Tierärztin und seit 2019 beim WWF, setzt sich mit gesundheitlichen Aspekt des Zusammenhangs von Mensch, Tier und Umwelt auseinander. Beim WWF arbeitet sie zum Lebensraumschutz von Löwen, Elefanten und Geparden im südlichen Afrika.

 

Zu den aktuellen Fällen erklärt sie:  "Es wird davon ausgegangen, dass die Quelle des derzeitigen Ausbruchs von einem Fischmarkt der chinesischen Stadt Wuhan stammt, auf dem auch Wildtiere illegal verkauft wurden. Viele von uns haben ein Déjà-vu: 2003 brach in China das SARS-Coronavirus aus und tötete fast 800 Menschen. Der Ursprungsort auch damals ein chinesischer Markt, der Überträger eine Schleichkatzenart. 17 Jahre später wird in China wieder wegen eines Coronavirus ein Markt geschlossen, das Land riegelt Millionenstädte ab". Coronavirus-Infektionen kämen bei Menschen und bei Tieren vor. Einige Stränge seien zoonotisch, das heißt sie könnten von Tier auf Mensch übertragen werden. Die Menschen auf dem Seafood-Markt in Wuhan seien dort auch mit Wildtieren in Kontakt wie Fledermäuse, Schlangen, Enten, Wildkaninchen und Waschbären, die ebenfalls dort gehandelt werden gekommen. Die Tiere würden auf engstem Raum in Käfigen gehalten, was nicht nur aus Tierschutzgründen bedenklich sei, sondern auch ideale Bedingungen für Krankheitserreger biete, die sich zum Beispiel über Körpersekrete verbreiten. Viele von den Tieren, die auf den Märkten gehandelt würden, seien Wildtiere, einige stark gefährdet. 

 

Ursprung des Virus ist noch unklar

 

Der genaue Ursprung des Virus sei noch unklar. ForscherInnen vermuten, dass das neue Virus, wie damals auch das SARS-Virus, von Fledermäusen über einen Zwischenwirt auf Menschen übertragen werde. Beim derzeitigen Ausbruch seien Schlangen als Zwischenwirte im Verdacht. Eines ist aber sicher: Das Virus kann nun auch von Mensch zu Mensch übertragen werden. 

 

Viele Infektionskrankheiten haben einen tierischen Ursprung

 

Laut Welt-Tiergesundheitsorgansiation OIE seien 60 Prozent der existierenden Infektionskrankheiten zoonotisch (Tuberkulose, Tollwut, HIV) und mindestens 75 Prozent der neuauftretenden Infektionskrankheiten (Ebola, Influenza, Nipah-Virus) haben einen tierischen Ursprung. Wie kommt es, dass diese Zahl steigt? Es gebe immer mehr Menschen auf der Welt, die dazu immer häufiger in Metropolen, also auf engem Raum leben. Zudem fliegen Menschen in Zeiten der Globalisierung um die halbe Erdkugel und handelten täglich mit Tieren und tierischen Produkten, welche sie weltweit verschifften. Das führe dazu, dass sich Erreger einfacher und schneller ausbreiten können. Insbesondere durch den Wildtierhandel werde ein Überschwappen von Viren von Wildtieren auf Menschen ermöglicht. Laut GesundheitsexpertInnen würden sich durch die Schließung der Wildtiermärkte viele solcher Ausbrüche verhindern lassen. 

 

Von Menschen verursachte Umweltveränderungen führen zu mehr Krankheitserregern

 

Auch vom Menschen verursachte Umweltveränderungen führten zur vermehrten Ausbreitung von Krankheitserregern. Entwaldung und intensive Landwirtschaft erhöhten das Risiko der Übertragung von Infektionskrankheiten und deren Auswirkungen. Denn je mehr wir unsere Umwelt veränderten, desto mehr geraten auch Krankheitserreger ins Ungleichgewicht: Menschliche Aktivitäten führten zu neuen Dynamiken von Infektionskrankheiten und neuen Ausbreitungsmustern. Durch erhöhte menschliche Aktivität entstehe eine immer größere Schnittstelle zwischen Mensch, Tier und Umwelt, an der sich Krankheiten übertragen können. 

 

Wildtierhandel gefährdet auch Menschen

 

Viren veränderten sich schnell. Das machte ihre Ausbreitung unvorhersehbar und die Entwicklung eines Impfstoffes besonders schwierig. Es ermöglicht ForscherInnen aber auch nachzuvollziehen, wie sich der Erreger entwickelt habe. Denn wenn das Virus von einer Art auf eine andere überspringt, mutiere es, das heißt, es verändert sich genetisch. So könne letztlich auch sein Ursprung bestimmt werden. Egal wo das Coronavirus nun genau herkomme, ein tierischer Ursprung sei sehr wahrscheinlich und zeigte dass Wildtierhandel nicht nur Tierarten gefährde, sondern auch uns Menschen.

pm, ots, mei 

 

English version

 

The world looks to China with concern: At present, many people are already infected with a novel coronavirus and suffer from pneumonia or show "flu-like symptoms". May Hokan, veterinarian and since 2019 at the WWF, is studying the health aspects of the relationship between humans, animals and the environment. At the WWF, she works to protect the habitats of lions, elephants and cheetahs in southern Africa.

 

Commenting on the current cases, she explains: "It is assumed that the source of the current outbreak originates from a fish market in the Chinese city of Wuhan, where wild animals were also sold illegally. Many of us have déjà vu: in 2003 the SARS corona virus broke out in China, killing almost 800 people. The place of origin even then was a Chinese market, the carrier was a species of viverrid cat. 17 years later, a market in China is closed again because of a coronavirus, and the country seals off megacities. Coronavirus infections occur in humans and animals. Some strands are zoonotic, which means that they can be transmitted from animal to human. The people at the seafood market in Wuhan have also come into contact with wild animals such as bats, snakes, ducks, wild rabbits and raccoons, which are also traded there. The animals are kept in cages in a very confined space, which is not only questionable for animal welfare reasons, but also offers ideal conditions for pathogens that spread, for example, via bodily secretions. Many of the animals traded on the markets are wild animals, some of them are highly endangered. 

 

Origin of the virus is still unclear

 

The exact origin of the virus is still unclear. Researchers suspect that the new virus, like the SARS virus at the time, is transmitted from bats to humans via an intermediate host. In the current outbreak, snakes are suspected to be the intermediate hosts. But one thing is certain: the virus can now be transmitted from person to person. 

 

Many infectious diseases have an animal origin

 

According to the World Organisation for Animal Health (OIE), 60% of existing infectious diseases are zoonotic (tuberculosis, rabies, HIV) and at least 75% of emerging infectious diseases (Ebola, influenza, Nipah virus) are of animal origin. How is it that this number is increasing? There are more and more people in the world, and more and more of them are living in metropolitan areas, i.e. in confined spaces. In addition, in times of globalisation, people fly halfway around the globe and trade in animals and animal products on a daily basis, which they ship worldwide. As a result, pathogens can spread more easily and quickly. The wildlife trade in particular enables viruses to spill from wild animals to humans. According to health experts, many such outbreaks could be prevented by closing wild animal markets. 

 

Man-made environmental changes lead to more pathogens

 

Human-induced environmental changes also led to the increased spread of pathogens. Deforestation and intensive agriculture increased the risk of transmitting infectious diseases and their effects. For the more we changed our environment, the more pathogens also became imbalanced: human activities led to new dynamics of infectious diseases and new patterns of spread. Increased human activity is creating an ever greater interface between humans, animals and the environment, where diseases can be transmitted. 

 

Wildlife trade also endangers people

 

Viruses changed quickly. This made their spread unpredictable and the development of a vaccine particularly difficult. But it also enables researchers to understand how the pathogen developed. For when the virus jumps from one species to another, it mutates, i.e. it changes genetically. In this way its origin can ultimately be determined. No matter where the corona virus comes from, an animal origin is very likely and showed that wild animal trade not only endangers animal species, but also humans. pm, ots, mei