Warum Gold ein Profiteur der Krise geworden ist - eine Analyse

Die zu beobachtenden Gewinnmitnahmen, die den Goldpreis kürzlich unter 1.700 Dollar je Feinunze drückten, sind ohne Zweifel nur ein Intermezzo. Die Nachfrage nach Gold wird unter anderem dadurch getragen, dass Gold als das zweckmäßigste Wertaufbewahrungs-mittel in Krisenzeiten angesehen wird.

 

Dies gilt derzeit wohl insbesondere für die USA, wo die Pandemie noch in keiner Weise unter Kontrolle ist und wo die Gefahr besteht, dass das Land in eine tiefe und lang andauernde Krise stürzen könnte. Dafür spricht jedenfalls, dass die Maßnahmen der amerikanischen Bundesregierung und der einzelnen Bundesstaaten zur Bewältigung der Krise alles andere als koordiniert erscheinen und dass nun US-Präsident Donald Trump über eine aller Wahrscheinlichkeit nach viel zu frühe Aufhebung der Lockdown-Maßnahmen nachdenkt. 

 

Ähnlichkeiten während der Spanischen Grippe

 

Daher ist es durchaus wahrscheinlich, dass die Pandemie in den USA nach einer möglichen Beruhigung der Lage im Sommer in einer neuen, möglicherweise noch schlimmeren Welle von Erkrankungen im Herbst gipfelt. Ähnliches war beispielsweise im Rahmen der Spanischen Grippe der Jahre 1918/19 zu beobachten, bei der es wie bei vielen anderen Epidemien eine sogenannte "Fat Tail"-Verteilung im Zeitverlauf gab. Dass die Amerikaner der Lage und ihrer Regierung nicht trauen, wird unter anderem daran deutlich, dass die Nachfrage nach Goldmünzen in den USA stark gestiegen ist. Das führt dazu, dass es in den USA bereits Prämien von bis zu 10% auf Goldmünzen gegenüber dem Kassapreis von Gold gibt. 

 

Goldnachfrage privater Haushalte ist gering

 

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Goldnachfrage von privaten Haushalten momentan weltweit eher noch gering ist, da insbesondere in Asien aufgrund der Lockdown-Maßnahmen und natürlich der Auswirkungen der schweren konjunkturellen Krise auf die Haushaltseinkommen wenig Gold gekauft werden kann. Bei einer Normalisierung der Lage wird diese Nachfrage wieder anziehen und den Goldpreis stützen. Aus Sicht von institutionellen Investoren ist es vor allem die Schutzfunktion von Gold gegenüber der Geldentwertung, die von besonderem Interesse ist. Viele Anleger fürchten aktuell, dass das enorme Ausmaß der weltweiten Konjunkturprogramme der Regierungen und der geldpolitischen Maßnahmen der Notenbanken nach Abklingen der Krise für erheblichen Inflationsdruck sorgen wird - vor allem dann, wenn diejenigen Stimmen recht behalten, die nach wie vor an eine zügige Überwindung der Krise und eine dann kraftvolle konjunkturelle Erholung rund um den Globus glauben. 

 

Der Löwenanteil der Hilfen geht in den Finanzsektor und die Kapitalmärkte

 

Es gibt aber noch einen anderen Aspekt, der die Goldnachfrage durch Investoren antreibt. So geht der Löwenanteil der Hilfen von Regierungen und Notenbanken wieder einmal in den Finanzsektor und die Kapitalmärkte, die bereits nach der Finanzkrise von 2007/08 in einem vorher nie gesehenen Ausmaß mit Liquidität vollgepumpt wurden - so dass viele Kritiker von einer "Everything Bubble" sprachen, die fast alle Assetklassen umfasste. In diesem Umfeld entwickelte sich der Goldpreis auch nicht mehr unbedingt gegenläufig zu den Notierungen klassischer risikobehafteter Anlageformen wie Aktien. Es gab zeitweise fast nur noch positive Korrelationskoeffizienten der Anlageklassen zueinander.

 

Stützungsmaßnahmen müssen längere Zeit bestehen

 

Ähnliches ist auch im Rahmen der aktuellen Krise zu beobachten: Den tiefen Einbruch der Märkte im März gab es nicht nur bei Aktien, auch der Goldpreis machte ihn mit. Dies lag unter anderem daran, dass auch Goldanlagen verkauft werden mussten, um Nachschusspflichten bei anderen Assetklassen nachkommen zu können. Dementsprechend hat sich danach, als die Stützungsmaßnahmen der Notenbanken bekannt gegeben wurden und einsetzten, der Goldpreis im Einklang mit den Aktienmärkten nach oben bewegt. Genauso wie eine Abkehr von den Liquiditätshilfen der Notenbanken auch mehrere Jahre nach dem Ende der Krise von 2007/08 schwerfiel, ist davon auszugehen, dass auch die aktuellen Stützungsmaßnahmen noch für eine lange Zeit weiterbestehen müssen, weil sonst die Märkte prompt wieder abstürzen würden. Von dieser "Everything Bubble2.0" wird auch der Goldpreis langfristig profitieren. pm, ots 

Quelle: Börsen-Zeitung, Autor: Dieter Kuckelkorn

 

English Version

 

The price of gold has risen significantly. Calculated in the common currency, the yellow metal is even at an all-time high. The vast majority of analysts assume that the positive trend in the price of gold will continue. The profit-taking that has recently pushed the price of gold below $1,700 an ounce is undoubtedly only an interlude. The demand for gold is driven in part by the fact that gold is considered the most appropriate store of value in times of crisis.

 

This is probably particularly true at present in the USA, where the pandemic is not yet under any kind of control and where there is a risk that the country could plunge into a deep and long-lasting crisis. This is at any rate indicated by the fact that the measures taken by the US federal government and the individual states to deal with the crisis appear to be anything but coordinated and that US President Donald Trump is now thinking about lifting the lockdown measures far too early in all probability. 

 

Similarities during the Spanish flu

 

It is therefore quite likely that the pandemic in the USA, after a possible calming of the situation in summer, will culminate in a new, possibly even worse wave of disease in the autumn. A similar situation was observed, for example, with the Spanish flu of 1918/19, which, like many other epidemics, had a so-called "fat tail" distribution over time. The fact that the Americans do not trust the situation and their government is shown, among other things, by the fact that the demand for gold coins in the USA has risen sharply. As a result, there are already premiums of up to 10% on gold coins in the USA compared to the spot price of gold. 

 

Private household demand for gold is low

 

Here it should be taken into account that at the moment the demand for gold from private households worldwide is still rather low, as especially in Asia little gold can be bought due to the lockdown measures and of course the effects of the severe economic crisis on household incomes. If the situation returns to normal, this demand will pick up again and support the gold price. From the point of view of institutional investors, it is above all the protective function of gold against the devaluation of money that is of particular interest. Many investors currently fear that the enormous scale of governments' global economic stimulus programmes and central banks' monetary policy measures will lead to considerable inflationary pressure once the crisis has subsided - especially if those voices are right who still believe in a rapid exit from the crisis and a then powerful economic recovery around the globe. 

 

The lion's share of the aid will go to the financial sector and capital markets

 

But there is another aspect that drives investor demand for gold. The lion's share of the aid provided by governments and central banks is once again going to the financial sector and capital markets, which were already pumped full of liquidity to an unprecedented extent after the financial crisis of 2007/08 - so that many critics spoke of an "everything bubble" that encompassed almost all asset classes. In this environment, the price of gold no longer necessarily moved in the opposite direction to the prices of classic risky investment forms such as shares. At times there were almost only positive correlation coefficients between the asset classes.

 

Support measures must remain in place for a longer period of time

 

A similar situation can be observed in the current crisis: The deep market slump in March was not only experienced by equities, the gold price also followed suit. One of the reasons for this was that gold investments had to be sold in order to meet margin calls for other asset classes. Accordingly, when the support measures of the central banks were announced and began to take effect, the gold price moved upwards in line with the stock markets. Just as it was difficult to turn away from the central banks' liquidity support several years after the end of the crisis in 2007/08, it can be assumed that the current support measures will have to continue for a long time, because otherwise the markets would promptly crash again. The gold price will also benefit from this "Everything Bubble2.0" in the long term. pm, ots, mei 

Source: Börsen-Zeitung, Author: Dieter Kuckelkorn