Studie: Weltweite Pleitewelle setzt ab Herbst ein - Die USA sind das Epizentrum der Insolvenzen

Zu diesem Ergebnis kommt der Kreditversicherer Euler Hermes in seiner aktuellen Studie. Die Experten erwarten aktuell für die beiden Jahre 2020 und 2021 einen kumulierten Anstieg der weltweiten Insolvenzen um insgesamt 35% auf einen neuen Negativrekord (17% im Jahr 2020, 16% im Jahr 2021).

Die Entwicklung ist allerdings sehr heterogen: In zwei von drei Ländern zeigt sich bereits jetzt ein massiver Anstieg der Pleiten, im anderen Drittel wiederum findet der stärkste Anstieg zeitversetzt erst 2021 statt. "Das ist aber längst keine Entwarnung, sondern vielmehr eine tickende Zeitbombe", sagt Ron van het Hof, CEO von Euler Hermes in Deutschland, Österreich und der Schweiz. "Spätestens im dritten Quartal des Jahres wird diese Zeitbombe hochgehen und die Schockwellen dürften sich ins gesamte erste Halbjahr 2021 ausbreiten." 

Keine Entspannung in Sicht

Eine Entspannung zeichnet sich 2021 mit einem weiteren Zuwachs der weltweiten Insolvenzen also keinesfalls ab. "Vergleicht man die Prognosen von 2021 mit den Fallzahlen von 2019, ergibt dies in den beiden Jahren einen kumulierten Zuwachs der globalen Pleiten um mehr als ein Drittel (+35%) auf einen neuen Negativrekord", sagt Maxime Lemerle, Chef der Insolvenz- und Branchenanalysen bei der Euler Hermes Gruppe. "Wenn die jeweiligen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen zu früh beendet werden, dürfte der Anstieg sogar noch um 5-10 Prozentpunkte höher ausfallen." 

Exportnation Deutschland stark von internationaler Entwicklung abhängig

Keine guten Nachrichten für die Exportnation Deutschland, bei der sich negative Entwicklungen in den Exportmärkten meist stärker auswirken als in anderen Staaten. Trotzdem kommt Deutschland im Vergleich voraussichtlich besser durch die Krise als viele andere. "Deutschland könnte im Vergleich zu vielen anderen Ländern mit einem blauen Auge davonkommen", sagt Van het Hof. "Gründe dafür sind neben der besseren Ausgangssituation und dem kürzeren, weniger strikten Lockdown vor allem die schnellen und sehr umfangreichen Sofortmaßnahmen der Regierung. Insbesondere der gemeinsame Schutzschirm von Bund und Kreditversicherern für deutsche Unternehmen hat den Handel erst einmal stabilisiert und Lieferketten zusätzlich geschützt." 

Andere Länder trifft es noch wesentlich härter und früher

Insgesamt dürften die Pleiten hierzulande im Zuge der Covid-19-Pandemie in den zwei Jahren bis 2021 um insgesamt 12% auf dann etwa 21.000 Fälle ansteigen. Der Löwenanteil dürfte mit +8% auf 2021 entfallen. 2020 erwartet der führende Kreditversicherer einen Zuwachs der Fallzahlen um +4% auf rund 19.500 Fälle. Damit gehört Deutschland wie auch Großbritannien, Frankreich, Belgien, der Schweiz oder Indien zu dem Drittel der Länder, die die Negativeffekte zeitverzögert erreicht. Neben den staatlichen Sofortmaßnahmen ist einer der Hauptgründe dafür die temporäre Aussetzung der Insolvenzantragspflicht in Deutschland bis zum Herbst. 

Häufung von Großinsolvenzen in Schlüsselbranchen im 1. Halbjahr 2020

"Unternehmen in Schieflage müssen dies aktuell erst im Herbst bei einem Insolvenzgericht anzeigen", sagt Van het Hof. "Deshalb sehen wir aktuell noch relativ wenige Fälle in Deutschland. Aber der Schein trügt und im Herbst schlägt für viele die Stunde der Wahrheit. Auch wenn aufgrund der temporär ausgesetzten Antragspflicht zuletzt nur wenige Insolvenzen angemeldet wurden, darf auch das nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir im ersten Halbjahr 2020 trotzdem bereits eine Häufung von Großinsolvenzen sehen - insbesondere in Schlüsselbranchen wie der Automobil- und Metallindustrie." 

Neue Geschäftsmodelle gefragt 

Hinzu kommen große Herausforderungen für die Unternehmen bezüglich der sich - nicht zuletzt durch Covid-19 - drastisch verändernden Geschäftsmodelle. "So ist zum Beispiel kein Unternehmen darauf ausgerichtet, plötzlich nur noch die Hälfte der Kunden zu bedienen. Viele Unternehmen müssen ihr Geschäftsmodell grundlegend überdenken und adaptieren. Das müssen sie erst einmal finanzieren, dazu brauchen sie Margen und eine Lösung für die Restrukturierungen ihrer Schuldenberge, die durch Covid-19 bei vielen Unternehmen stark gewachsen sind. Zusammen mit der digitalen Transformation sind das viele Variablen, die über die weitere Entwicklung auch nach 2021 entscheiden werden." 

USA mit stärkstem Anstieg, Brasilien, Portugal, Niederlande und China mit Pleitewelle

Trotzdem trifft es viele Unternehmen in anderen Ländern früher und härter: Die USA (+47% Anstieg der Insolvenzen 2020) führen das Negativranking der Länder an, die bereits 2020 unter einem massiven Anstieg der Insolvenzen leiden. Sie teilen ihr Schicksal mit zwei von drei Ländern weltweit. Darunter befinden sich neben den USA, Brasilien (+32% im Jahr 2020) und China (+21%) auch viele europäische Staaten wie beispielsweise Portugal (+30%), die Niederlande (+29%), Spanien (+20%) oder Italien (+18%). pm, ots

 

English version

While the USA is currently at the epicentre of the wave of insolvencies, in some other countries the calm before the storm still prevails - as in Germany. However, by autumn at the latest, the wave of bankruptcies is likely to begin all over the world, continuing throughout the first half of 2021. This is the conclusion reached by credit insurer Euler Hermes in its latest study. The experts currently expect a cumulative rise in global insolvencies of 35% in the two years 2020 and 2021 to a new negative record (17% in 2020, 16% in 2021).

However, the development is very heterogeneous: In two out of three countries a massive increase in bankruptcies is already evident, while in the other third the biggest rise will not occur until 2021. "However, this is by no means an all-clear, but rather a ticking time bomb," says Ron van het Hof, CEO of Euler Hermes in Germany, Austria and Switzerland. "This time bomb will go off in the third quarter of the year at the latest, and the shock waves are likely to spread to the entire first half of 2021. 

No relief in sight

There are no signs of an easing of the situation in 2021 with a further increase in global insolvencies. "If we compare the forecasts for 2021 with the case figures for 2019, the cumulative increase in global bankruptcies over the two years is more than a third (+35%) to a new negative record," says Maxime Lemerle, Head of Insolvency and Sector Analyses at the Euler Hermes Group. "If the respective government support measures are terminated too soon, the increase is likely to be even higher by 5-10 percentage points". 

Germany as an export nation strongly dependent on international developments

Not good news for Germany as an export nation, where negative developments in export markets usually have a stronger impact than in other countries. Nevertheless, Germany is likely to come through the crisis better than many others in comparison. "Compared to many other countries, Germany could get off with a black eye," says Van het Hof. "In addition to the better starting position and the shorter, less strict lockdown, the main reasons for this are the government's rapid and very extensive emergency measures. In particular, the joint protective umbrella for German companies provided by the federal government and credit insurers has stabilized trade for the time being and provided additional protection for supply chains".  

 

Other countries are hit much harder and sooner

 

 Overall, the number of bankruptcies in this country in the course of the Covid 19 pandemic is likely to increase by a total of 12% in the two years up to 2021 to around 21,000 cases. At +8%, the lion's share is likely to be in 2021. In 2020 the leading credit insurer expects the number of cases to increase by +4% to around 19,500. This means that Germany, along with the UK, France, Belgium, Switzerland and India, is one of the third of the countries that will experience the negative effects with a time lag. Apart from the emergency measures taken by the state, one of the main reasons for this is the temporary suspension of the obligation to file for insolvency in Germany until the autumn. 

 Accumulation of major insolvencies in key sectors in the first half of 2020

 "Companies in difficulties currently only have to report this to an insolvency court in the autumn," says Van het Hof. "That's why we currently see relatively few cases in Germany. But appearances are deceptive and the moment of truth will strike in the fall for many. Even if only a few insolvencies have been filed recently due to the temporary suspension of the obligation to file, this should not obscure the fact that we are nevertheless already seeing an accumulation of major insolvencies in the first half of 2020 - especially in key sectors such as the automotive and metalworking industries. 

New business models in demand 

In addition, there are major challenges for companies with regard to the drastically changing business models - not least due to Covid-19. "For example, no company is geared to suddenly serving only half of its customers. Many companies have to fundamentally rethink and adapt their business model. They first have to finance this, and to do so they need margins and a solution for restructuring their mountains of debt, which have grown considerably for many companies thanks to Covid-19. Together with the digital transformation, these are many variables that will determine the future development even after 2021." 

 

USA with strongest increase, Brazil, Portugal, Netherlands and China with wave of bankruptcies

 

Nevertheless, many companies in other countries are being hit earlier and harder: the USA (+47% increase in insolvencies in 2020) leads the negative ranking of countries that are already suffering a massive increase in insolvencies in 2020. They share their fate with two out of three countries worldwide. These include the USA, Brazil (+32% in 2020) and China (+21%) as well as many European countries such as Portugal (+30%), the Netherlands (+29%), Spain (+20%) and Italy (+18%). pm, ots, mei