Corona-Virologe Drosten: Es warten schwierige sechs Monate auf uns

"Ich schaue schon optimistisch auf das neue Jahr, aber ich glaube, dass die erste Jahreshälfte sehr kompliziert werden wird", sagte Drosten der "Berliner Morgenpost " .

 

Es werde sehr viele Diskussionen beispielsweise um Lockerungen oder die Impfung geben. "Ich glaube, dass ab der zweiten Jahreshälfte eine Entspannung eintreten könnte, aber nur, wenn man es schafft, ganz viele Personen in den ersten sechs Monaten zu impfen", so der 48-Jährige, der von den Lesern und einer Jury der "Berliner Morgenpost" zum Berliner des Jahres gekürt worden ist. Die Herausforderung sei jetzt, zwei Dinge, die eigentlich gegeneinander liefen, zu steuern. "Wir müssen die Inzidenz nach unten bekommen - und gleichzeitig impfen. Wir werden in eine Situation kommen, wo wir große Teile der Risikogruppen geimpft haben und es dann Kräfte geben wird, die sagen, dass es jetzt keinen Grund mehr gibt für Einschränkungen. Letzteres wird allerdings eine Fehleinschätzung sein, denn wir dürfen grundsätzlich keine sehr hohe Inzidenzen zulassen. Auch nicht bei den Jüngeren", sagte der Wissenschaftler.

 

Hat die Regierung zu wenig Impfstoff bestellt?

 

Auf die Frage, ob die Regierungen zu wenig Impfstoff bestellt haben, sagte Drosten: "Das ist eine Frage, die ich so gar nicht beantworten kann und auch nicht will. Das ist so eine komplexe Angelegenheit. Man musste den Impfstoff mit Monaten Vorlauf bestellen - und wusste zu dem Zeitpunkt gar nicht, ob der betreffende Impfstoff auch funktionieren würde. Es ist jetzt praktisch unmöglich, das im Nachhinein zu bewerten." Der Wissen-schaftler verwies darauf, dass nach dem Biontech-Impfstoff nun in Großbritannien der AstraZeneca-Impfstoff bereits zugelassen sei. "Da sollte man in der EU ganz schnell hinterherkommen, denn dieser Impfstoff kann auch in normalen Arztpraxen geimpft werden. Bei diesem Impfstoff hat man nicht die besondere Kühlpflicht."

 

Die Zahlen gehen nicht nach unten

 

Eine Prognose, ob der Lockdown in Deutschland ab 10. Januar aufgehoben werden könne, wollte Drosten nicht stellen. "Wir haben zurzeit keine validen Zahlen, weil die Labore über die Feiertage weniger getestet haben, aber auch weil viele Menschen, die krank geworden sind, nicht zum Arzt gegangen sind. Wir sehen aber am Anteil der positiven Tests, dass die Zahlen derzeit nicht nach unten gehen. Das ist nicht gut", so der Virologe. "Ob der Lockdown bis in den Februar verlängert werden muss, das kann man heute nicht vorhersagen. Vielleicht erleben wir ja eine positive Überraschung. Wir müssen bis Mitte Januar warten, erst dann kann man die Zahlen bewerten." pm, ots

 

English version

 

Berlin virologist Christian Drosten expects a challenging first six months in 2021. "I am already optimistic about the new year, but I believe that the first half of the year will be very complicated", Drosten told the "Berliner Morgenpost " .

 

There will be a lot of discussions, for example, about relaxations or vaccination. "I think that from the second half of the year onwards there could be a relaxation, but only if you manage to vaccinate quite a lot of people in the first six months," said the 48-year-old, who was voted Berliner of the Year by the readers and a jury of the "Berliner Morgenpost". The challenge now, he said, is to manage two things that are actually running against each other. "We have to get the incidence down - and vaccinate at the same time. We will get into a situation where we have vaccinated large parts of the risk groups and there will then be forces that say there is no reason for restrictions now. The latter, however, will be a misjudgement, because we must not allow very high incidences as a matter of principle. Not even among the younger ones," said the scientist.

 

Has the government ordered too little vaccine?

 

Asked whether governments have ordered too little vaccine, Drosten said, "That's a question I can't answer like that and don't want to. It is such a complex issue. You had to order the vaccine months in advance - and at the time you didn't even know whether the vaccine in question would work. It is now practically impossible to evaluate it in retrospect." The scientist pointed out that after the Biontech vaccine, the AstraZeneca vaccine is now already approved in Great Britain. "The EU should get behind this very quickly, because this vaccine can also be vaccinated in normal doctors' surgeries. With this vaccine you don't have the special refrigeration requirement."

 

The numbers are not going down

 

Drosten did not want to make a prediction as to whether the lockdown in Germany could be lifted from 10 January. "We don't have any valid figures at the moment because the laboratories tested less over the holidays, but also because many people who got sick didn't go to the doctor. But we can see from the proportion of positive tests that the numbers are not going down at the moment. That is not good," the virologist said. "Whether the lockdown has to be extended into February is something we cannot predict today. Maybe we will have a positive surprise. We have to wait until mid-January, only then can we assess the figures." pm, ots, mei