Sensation: Holstein Kiel wirft den FC Bayern München aus dem Pokal - Kiel verwandelt sechs Elfmeter

Im Kieler Holstein-Stadion konnten die Gastgeber zwei Rückstände ausgleichen und behielten dann im Elfmeterschießen die Nerven.

 

Im Vergleich zum 1:1-Unentschieden beim FC St. Pauli veränderte KSV-Coach Ole Werner seine Startelf auf  zwei Positionen: Für Fabian Reese und Janni Serra rückten Joshua Mees und Finn Porath in der Anfangsformation.

Der FC Bayern begann erwartet dominant und wurde seiner Favoritenrolle in der Anfangsphase gerecht. Die erste Torannäherung verbuchten die Gäste nach neun Minuten durch Joshua Kimmich, dessen Distanzschuss knapp am Tor vorbei. Kurz darauf lag der Ball dann im Kieler Netz: Thomas Müllers Kopfball-Ablage parierte KSV-Keeper Ioannis Gelios nach außen, wo Serge Gnabry aus kurzer Distanz abstaubte (14.). Der Torschütze stand im Abseits, das Gespann um Schiedsrichter Robert Hartmann übersah dies jedoch.

 

Kein Video-Schiedsrichter im Einsatz

 

Da in der 2. Runde des DFB-Pokals kein Video-Schiedsrichter eingesetzt wird, zählte der Treffer. Doch das Gegentor brachte die nach spielerischen Lösungen suchenden Kieler nicht aus dem Konzept – im Gegenteil: Sie schienen fortan mutiger, die nächsten Gelegenheiten hatte aber erneut der deutsche Rekordmeister: Gnabrys Schlenzer verfehlte nur knapp sein Ziel (26.) und Müller ließ eine Großchance liegen, als er den Ball per Volleyabnahme aus fünf Metern über die Querlatte drosch (35.).

 

Ausgleich mit dem ersten Torschuss

 

Stattdessen glichen die Kieler mit dem ersten echten Torschuss aus: Jannik Dehms langen Ball verfehlten Niklas Süle und Jae-Sung Lee, wodurch die Kugel bei Fin Bartels landete, der frei aufs FCB-Tor zuging und eiskalt vorbei an FCB-Torwart Manuel Neuer ins linke untere Eck vollendete (37.). Keine 60 Sekunden später lag der Ball erneut im Münchner Netz, doch Lees vermeintlicher Führungstreffer zählte wegen einer Abseitsstellung nicht. Weitere Chancen folgten fast im Minutentakt: Müllers Versuch aus der zweiten Reihe zischte knapp links vorbei (39.), Jamal Musilas Flachschuss landete in Gelios‘ Armen (40.) und auf der Gegenseite wurde Johannes van den Berghs Abschluss von Mitspieler Lee geblockt (41.).

 

Wahl rettet die KSV in die Verlängerung

 

Die zweite Hälfte begann denkbar schlecht für die Hausherren: Leroy Sané trat zum Freistoß an und traf unhaltbar für Gelios aus 20 Metern in den rechten Winkel (48.). Im direkten Gegenzug hätte Alexander Mühling fast den erneuten Ausgleich erzielt, verzog aus 14 Metern jedoch knapp (49.). Danach beruhigte sich die Partie ein wenig und die Möglichkeiten wurden hüben wie drüben weniger, auch weil die KSV wenig zuließ und defensiv weiterhin sicher stand.

 

Ausgleich in der Nachspielzeit

 

Es waren die Kieler, die durch Dehm die nächste Chance hatten, als dessen Freistoß von Neuer festgehalten wurde (62.). Gelios bewahrte seine Farben anschließend vor einem höheren Rückstand, als er Musialas Flachschuss noch an den linken Außenpfosten lenkte (66.). Doch auch die Störche blieben gefährlich: Mühlings Flanke verpasste Süle, doch Joshua Mees fiel der Ball so überraschend vor die Füße, dass er diesen nur mit dem Knie aufs Tor bringen konnte, wo Neuer sicher zupackte (69.). Pünktlich zur Schlussphase setzte starker Schneefall ein. Die Kieler waren weiter bemüht, zum Ausgleich zu kommen, konnten sich aber keine weiteren Gelegenheiten erarbeiten. Was folgte, war ein Last-Minute-Hammer: Van den Bergh brachte in den letzten Sekunden der Nachspielzeit noch eine Flanke in die Mitte, wo Hauke Wahl den Ball per Kopf ins lange Eck wuchtete (90.+5).

 

Alles in eine Waagschale

 

In der Verlängerung warfen die Störche weiterhin alles in die Waagschale, hielten mit Glück und Geschick das Ergebnis und hatten selbst noch Möglichkeiten: Der eingewechselte Fabian Reese verzog aus der zweiten Reihe knapp (97.), auf der anderen Seite lenkte Gelios einen Kimmich-Kopfball noch an die Oberkante der Latte (102.). Auch in der zweiten Hälfte der Verlängerung überragte der Kieler Keeper: Alphonso Davies scheiterte ebenso an Gelios (109.) wie Marc Roca (111.).

 

Druckphase der Bayern schadlos überstanden

 

Holstein überstand die Druckphase des amtierenden Triple-Siegers schadlos und rettete sich mit letzter Kraft ins Elfmeterschießen. Dort trafen die ersten fünf Schützen beider Teams ausnahmslos, bis Gelios den sechsten Münchner Elfmeter von Roca hielt. Anschließend trat Bartels an und versenkte sicher, sodass der folgende Jubel keine Grenzen mehr kannte. Zehn Jahre nach der letzten Pokalserie der Kieler meldete sich der Holstein-Geist zurück und bescherte den Störchen einen unvergesslichen Abend.

 

Statistik

 

KSV Holstein Kiel: Gelios – Dehm, Wahl, Thesker (80. Komenda), van den Bergh – Mühling (84. Serra), Meffert (84. Arslan), Porath (77. Hauptmann) – Mees (77. Reese), Lee, Bartels. Trainer: Werner.

 

FC Bayern München: Neuer – Sarr (85. Pavard), Süle, Hernandez, Davies – Kimmich, Tolisso (106. Alaba), Sané (74. Costa), Musiala (74. Lewandowski), Gnabry (90.+2 Roca) – Müller. Trainer: Flick.

 

Schiedsrichter: Schröder (Hannover) – Tore: 0:1 Gnabry (14.), 1:1 Bartels (37.), 1:2 Sané (48.), 2:2 Wahl (90.+5) – Elfmeterschießen: 2:3 Lewandowski, 3:3 Wahl, 3:4 Kimmich, 4:4 Arslan, 4:5 Müller, 5:5 Serra, 5:6 Alaba, 6:6 Lee, 6:7 Costa, 7:7 Hauptmann, Roca scheitert an Gelios, 8:7 Bartels – Zuschauer: keine.

 

Stimmen zum Spiel

 

Ole Werner, Trainer Holstein Kiel: „Das lange Wachbleiben hat sich gelohnt. Es ist ein außergewöhnliches Erlebnis für uns und für alle Kieler. Wir haben uns das verdient. Natürlich waren wir gefordert, in der Defensive einen guten Job zu machen. Den haben wir gemacht. Es ist klar, dass eine Mannschaft wie der FC Bayern zu Torchancen kommt. Aber wir sind bei unserem Plan geblieben. Wir haben bis zum Ende daran geglaubt. Das war heute der Schlüssel, dass wir uns von Beginn an zugetraut haben, mit dem entsprechenden Spielverlauf und der nötigen Effektivität auch gewinnen zu können. Im Elfmeterschießen ist es Glücksache, aber dass wir alle sechs Elfmeter verwandelt haben, spricht für die Klarheit der Jungs am heutigen Tage. Es ist ein Erlebnis, an das wir und alle, die dem Verein und der Stadt Kiel verbunden sind, noch lange denken werden.“

 

Hansi Flick, Trainer FC Bayern: „Ich kann der Mannschaft nichts vorwerfen, was die Motivation betrifft. Wir haben über 120 Minuten versucht, eine Runde weiterzukommen. Es sind die Kleinigkeiten, die zusammen gekommen sind. Kurz vor Schluss müssen wir die Flanke unterbinden und dann im Zentrum zu klären. Aber es geht weiter. Wir müssen viel arbeiten.“

 

Spielerstimmen Holstein Kiel

 

Jannik Dehm: „Wir sind alle sprachlos, was wir heute als Mannschaft geleistet. Das ist unbeschreiblich.“

 

Jonas Meffert: „Ich kann es kaum glauben. Das ist etwas ganz Besonderes. Man hat mit der Zeit gemerkt, dass etwas möglich ist.“

 

Fin Bartels: „Es ist unfassbar. Nach dem 1:1 haben wir uns mehr getraut. Wir waren mutig und haben immer dran geglaubt.“

 

Ioannis Gelios: „Wir hatten nichts zu verlieren. Das hat man von Anfang an gemerkt. Ich habe mich beim letzten Elfmeter richtig entschieden und freue mich riesig.“

pm, Quelle: Holstein Kiel

 

English version

 

KSV Holstein Kiel has managed to pull off a sensation: The Störche won against the reigning title holders FC Bayern Munich in the 2nd round of the DFB Cup on Wednesday evening with 8:7 (1:1, 2:2) after penalty shootout. 

 

At Kiel's Holstein Stadium, the hosts managed to come back from two goals down and then held their nerve in the penalty shootout.Compared to the 1-1 draw at FC St. Pauli, KSV coach Ole Werner changed his starting eleven in two positions: For Fabian Reese and Janni Serra, Joshua Mees and Finn Porath moved into the starting lineup.

 

FC Bayern started dominantly as expected and lived up to their role as favorites in the early stages. The visitors registered the first approach to goal after nine minutes through Joshua Kimmich, whose long-range shot just missed the target. Shortly afterwards, the ball was in the Kiel net: Thomas Müller's header was parried outwards by KSV keeper Ioannis Gelios, where Serge Gnabry dusted down from close range (14). The goal scorer was offside, but referee Robert Hartmann's team overlooked this.

 

No video referee in action

 

Since no video referee is used in the 2nd round of the DFB Cup, the goal counted. But the goal didn't put the Kielers, who were looking for playful solutions, off their stride - on the contrary, they seemed bolder from then on, but the German record champions again had the next opportunities: Gnabry's flicked shot just missed its target (26th) and Müller missed a great chance when he volleyed the ball over the crossbar from five meters (35th).

 

Equalizer with the first shot on goal

 

Instead, Kiel equalized with the first real shot on goal: Jannik Dehm's long ball was missed by Niklas Süle and Jae-Sung Lee, which meant that the ball ended up with Fin Bartels, who went free towards the FCB goal and finished ice-coldly past FCB goalkeeper Manuel Neuer into the bottom left corner (37th). Less than 60 seconds later, the ball was again in the Munich net, but Lee's supposed opening goal was disallowed for offside. Further chances followed almost every minute: Müller's attempt from the second row fizzed just past on the left (39th), Jamal Musila's low shot landed in Gelios' arms (40th) and on the opposite side Johannes van den Bergh's finish was blocked by teammate Lee (41st).

 

Wahl saves KSV into extra time

 

The second half got off to the worst possible start for the home side: Leroy Sané took a free-kick and hit an unstoppable shot into the right corner of the net from 20 meters (48). In the direct counterattack, Alexander Mühling almost scored the equalizer again, but just missed from 14 meters (49.). After that, the game calmed down a bit and the opportunities were fewer on both sides, also because KSV allowed little and defensively continued to stand firm.

 

Equalizer in injury time

 

It was Kiel who had the next chance through Dehm, whose free kick was held by Neuer (62nd). Gelios then saved his colors from a higher deficit when he steered Musiala's low shot to the left far post (66.). But the Störche also remained dangerous: Mühling's cross was missed by Süle, but the ball fell so unexpectedly at Joshua Mees' feet that he could only bring it to the goal with his knee, where Neuer safely grabbed it (69.). Just in time for the final phase, heavy snow began to fall. Kiel continued to try to equalize, but were unable to create any further opportunities. What followed was a last-minute hammering: in the final seconds of stoppage time, Van den Bergh delivered a cross into the middle, where Hauke Wahl headed the ball into the far corner (90.+5).

 

Everything in one balance

 

In extra time, the Storks continued to put everything on the line, holding on to the result with luck and skill and still having opportunities themselves: Substitute Fabian Reese just missed from the second row (97th), while Gelios deflected a Kimmich header off the top of the crossbar (102nd). The Kiel keeper also excelled in the second half of extra time: Alphonso Davies failed to beat Gelios (109th), as did Marc Roca (111th).

 

Bayern survives pressure phase unscathed

 

Holstein survived the pressure phase of the reigning triple winners without damage and saved itself with the last strength into the penalty shootout. There, the first five shooters of both teams scored without exception until Gelios held Roca's sixth Munich penalty. Bartels then stepped up to the mark and safely sank it, so that the ensuing jubilation knew no bounds. Ten years after Kiel's last Cup series, the Holstein spirit returned and gave the Störchen an unforgettable evening. pm, mei, Quelle: Holstein Kiel