50 Jahre "Radikalenerlass": Entschädigung für die Opfer gefordert

Die frühere Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) hat den vor 50 Jahren von der Ministerpräsidentenkonferenz der alten Bundesrepublik gefassten "Extremistenbeschluss", bekannt auch als Radikalenerlass, als "Schande" bezeichnet.

 

Zugleich wandte sie sich im Gespräch mit der in Berlin erscheinenden Zeitung "nd.DerTag" (Freitagausgabe) gegen eine Neuauflage der sogenannten Regelanfrage von Landesbehörden beim Verfassungsschutz zu politischen Einstellungen von Bewerbern. Zur zügigen Entfernung von Rechtsradikalen aus verantwortlichen Positionen in Sicherheitsbehörden, wie sie die Ampelkoalition anstrebt, reichten bestehende juristische Möglichkeiten, betonte die Politikerin: "Dazu hat unser Rechtsstaat die Mittel. Die politische Auseinandersetzung müssen wir in der Zivilgesellschaft führen."

 

Eine ganze Generation unter Generalverdacht gestellt

 

Ein neuer Radikalenerlass verbiete sich schon deshalb, weil der alte "so etwas wie eine Racheaktion gegen die 68er" gewesen sei, sagte Däubler-Gmelin. Mit ihm habe man "eine ganze Generation unter Generalverdacht" gestellt. "Getroffen werden sollte jedoch die gesamte Generation der Aufmüpfigen, die - gottseidank - unser Land verändert hat." Aufgabe der Parlamente der Bundesländer sei es heute, nicht nur deutlich zu machen, "dass damals Unrecht geschehen ist". Sie müssten auch "Entschädigungsregelungen" auf den Weg bringen, fordert die Juristin. pm, ots

 

Herta Däubler-Gmelin gehörte schon 1972 als Bundestagsabgeordnete zu den wenigen Sozialdemokratinnen, die sich von Anfang an gegen den Radikalenerlass wandten und vertrat als Anwältin mehrfach von Berufsverboten Betroffene.