Clankriminalität: 120 Millionen Euro Schaden durch Betrugsmasche

Zwischen 2018 und 2021 haben kriminelle Banden mit der Betrugsmasche "Falsche Polizisten" in Berlin knapp 20,3 Millionen Euro erbeutet. In Brandenburg liegt die Schadenssumme zwischen 2018 und 2020 bei knapp 1,6 Millionen Euro, für 2021 liegen noch keine Zahlen vor.

 

Das ergab eine bundesweite Umfrage des ARD-Politikmagazins "report München" und der Redaktion rbb24 Recherche unter allen 16 Landeskriminalämtern. Der bundesweite Schaden lag für den Zeitraum 2018 bis 2020 bei mehr als 120 Millionen Euro. Nach Auskunft des Berliner Landeskriminalamtes wurden zwischen 2018 und 2021 2605 Fälle erfasst, dabei wiesen 1931 Fälle einen Bezug zur Türkei auf. Der Schaden bei Fällen mit Türkei-Bezug beträgt ca. 16,4 Millionen Euro, also gut 80 Prozent des Gesamtschadens.

 

Seit Sommer läuft ein Prozess in Izmir

 

Im türkischen Izmir läuft seit Sommer vergangenen Jahres ein Prozess gegen eine kriminelle Callcenterbande mit mehr als 80 Angeklagten aus Deutschland und der Türkei. Die Ermittlungen erfolgten in Zusammenarbeit des Polizeipräsidiums München mit türkischen Sicherheitsbehörden. Die Anklage wirft den Mitgliedern der Bande 24 Taten für den Zeitraum 2016 und 2020 vor. Der polizeilich nachweisbare Schaden soll bei 5,3 Millionen Euro liegen. Bei den Tatverdächtigen wurden Immobilien, Bargeld und Wertgegenstände in Höhe von 105 Millionen Euro beschlagnahmt.

 

Hauptangeklagter stammt aus Bremen

 

Einer der Hauptangeklagten ist Amar S. und stammt aus Bremen. Amar S. floh im Jahr 2012 aus einer Verwahrzelle im Landgericht Bremen und setzte sich anschließend in die Türkei ab. Amar S. wird dem türkischen-arabischen Miri-Clan zugeordnet. Neben ihm gehören weitere Mitglieder aus dem Umfeld dieser türkisch-arabischen Großfamilie zu den Angeklagten.

 

Bande betreibt Callcenter in Izmir

 

Die Bande betrieb mehrere Callcenter in Izmir. Von dort aus haben sie ihre Opfer angerufen und sich als Polizisten ausgegeben. Dabei nutzten sie das sogenannte "Call ID Spoofing", bei dem beim Angerufenen eine vorgetäuschte Rufnummer im Display erscheint. Die "Falschen Polizisten" behaupten, dass die Opfer im Fokus von Straftätern stehen, die es auf ihr Vermögen abgesehen haben. Die Opfer werden dann aufgefordert, der "Polizei" Geld und Wertgegenstände zu übergeben, um sie sicher zu verwahren.

 

Ältere Opfer werden in Deutschland angerufen

 

Janet Gampe vom LKA Berlin geht davon aus, dass es mehrere Gruppierungen in der Türkei gibt, die von dort aus ihre meist älteren Opfer in Deutschland anrufen und um ihr Vermögen bringen. Nach Informationen von report München und rbb24Recherche ermittelt das Berliner LKA in Zusammenarbeit mit dem Polizeipräsidium München aktuell gegen eine weitere Bande falscher Polizisten aus dem Miri-Clan.

 

594 Verfahren wegen organisierter Kriminalität

 

Bundesweit gab es nach Auskunft des Bundeskriminalamts im Jahr 2020 insgesamt 594 OK-Verfahren geführt. Dabei traten die OK-Gruppierungen auch mit Delikten aus dem Bereich der "Trickstraftaten", zu denen auch die Betrugsmasche "Falsche Polizisten" gehört, in Erscheinung. Einige Verfahren wurden auch "dem Phänomen der Clankriminalität" zugeordnet. Die genutzten Callcenter, so das BKA, befanden sich überwiegend in der Türkei.

 

Die gemeinsamen Recherchen von Report München und rbb24 Recherche werden am 08. Februar 2022 um 21.45 Uhr in der Sendung "report München" in der ARD veröffentlicht. Der Film "Der Izmir Clan - Beutezug durch Deutschland" ist ab 08. Februar 17.00 Uhr in der ARD-Mediathek abrufbar. pm, ots