Long Covid: Ursachen und Folgen - Post Covid ursächlich behandeln

Long Covid beziehungsweise Post Covid ist ein weit verbreitetes Phänomen. Etwa 10-20 Prozent aller Covid-19-Patienten leiden unter langfristigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die länger als ein Jahr andauern können. 

 

Die Wahrscheinlichkeit für Long Covid ist größer bei höherem Alter, Vorerkrankungen und schwerem Krankheitsverlauf, doch auch junge und gesunde Patienten sowie solche, die nur milde Symptome hatten, können betroffen sein. Auch milde SARS-CoV-2-Infektion breitet sich im ganzen Körper aus.

 

Covid-19 in verschiedenen Körperregionen

 

Bei 44 Autopsien von Patienten mit Covid-19 wurde SARS-CoV-2-RNA in verschiedenen Körperregionen gefunden, u.a. auch in unterschiedlichen Hirnregionen - und das bis zu 230 Tage nach Symptombeginn. Die Verstorbenen waren nicht alle an COVID-19 gestorben. Die Verbreitung des Virus im Körper wurde auch bei denjenigen festgestellt, die nur milde Symptome oder sogar einen asymptomatischen Krankheitsverlauf hatten.

 

Systemische Infektion bleibt monatelang bestehen

 

Die Ergebnisse zeigen, dass das Virus eine systemische Infektion verursacht, die monatelang bestehen bleiben kann (Chertow et al., 2021).

Das SARS-CoV-2-Virus ist zwar am stärksten in den Atemwegen und der Lunge zu finden, es breitet sich aber schon früh während der Infektion aus und kann Zellen im ganzen Körper einschließlich des Gehirns infizieren. In Geweben außerhalb des Lungensystems werden die Viren weniger effizient und verzögert beseitigt. Dies könnte den Autoren zufolge mit einer schwachen Immunantwort außerhalb der Atemwege zusammenhängen. Solange keine gezielte Immunabwehr stattfindet, kann sich die Infektion zu einem chronischen Problem entwickeln.

 

Die Ursachen von Long Covid sind vielfältig

 

Eine wichtige Frage zum Umgang mit Long Covid ist dessen Ursache. Hauptprobleme sind einerseits das Persistieren von Viren und andererseits die Überreaktion der Mastzellen. Es gibt verschiedene Erklärungsansätze, die vermutlich ineinandergreifen:

  • Das Virus löst eine Autoimmunreaktion aus, die über die eigentliche Erkrankung hinaus anhält. Dies führt zu übermäßigen Entzündungsreaktionen mit Überaktivierung der Mastzellen und vermehrter Zytokin- und Histaminausschüttung. Personen mit einem Mastzell-Aktivierungssyndrom sind hierbei besonders betroffen.
  • Nach der Bekämpfung der Krankheit verbleiben Viren oder Virusreste von SARS-CoV-2 im Körper, die chronische Entzündungsreaktionen hervorrufen. Dies erklärt, warum viele Genesene lange nach der eigentlichen Erkrankung noch positiv getestet werden.
  • Das Virus "versteckt" sich im Gewebe und taucht Wochen oder Monate später wieder auf - wie es von Herpesviren oder HIV bekannt ist.
  • Besonders häufig ist bei Long Covid eine Reaktivierung einer latenten Epstein-Barr-Virus-Infektion (EBV) festzustellen. Die dabei meist reduzierten Cortisolspiegel verstärken die anhaltenden Atemwegsprobleme und fördern autoimmune Entzündungsprozesse. Zu vermuten ist, dass durch COVID-19 das Immunsystem geschwächt wird und allgemein alte, latente Infektionen (z.B. mit EBV, Herpes-Zoster-Viren oder Borrelien) reaktiviert werden. Dies trägt wesentlich zum Leitsymptom der chronischen Müdigkeit bei. EBV ist dabei einfach die verbreitetste Virusinfektion und fällt daher in der Studie von Su et al. (2022) am meisten auf. - Über 90 % der Erwachsenen haben diese durchlaufen.
  • Eine verminderte Flexibilität der roten Blutkörperchen nach einer Covid-Erkrankung lässt diese die Blutgefäße schlechter passieren, so dass es zu Durchblutungsstörungen kommt. Dies könnte beispielsweise die starke Müdigkeit bei Long Covid erklären. Das Spike-Protein ist dafür maßgeblich verantwortlich.
  • Kleinere Schäden an verschiedenen Organsystemen aufgrund der COVID-Erkrankung führen in der Summe zu einer allgemeinen Erschöpfung. Von zentraler Bedeutung sind hierbei die mitochondrialen und endothelialen Schäden.

Die zentrale Rolle der Mastzellen bei Long Covid

 

Eine übermäßige Aktivierung der Mastzellen scheint bei Long Covid eine wichtige Rolle zu spielen. Mastzellen zählen zu den weißen Blutkörperchen und sind für die unspezifische Immunabwehr von besonderer Bedeutung. Jede allergische (z. B. auf einen Bienenstich) und pseudoallergische Reaktion (z. B. Histaminintoleranz) wird von Mastzellen vermittelt. Mastzellen werden als Reaktion auf einen Kontakt mit Krankheitserregern wie Viren, Bakterien oder Parasiten sowie Allergenen aktiv. Die multifunktionalen Immunzellen helfen eine Infektion zu bekämpfen, indem sie zahlreiche verschiedene Stoffe wie Entzündungsmediatoren, Zytokine und Histamin freisetzen und die Immunabwehr koordinieren.

 

Aktivierung der Mastzellen

 

Genau diese Prozesse und Stoffe spielen bei COVID-19 und Long Covid eine zentrale Rolle. Die Aktivierung der Mastzellen ist dafür maßgeblich verantwortlich. Es konnte nachgewiesen werden, dass die Mastzellen bei Patienten mit COVID-19 vermehrt aktiviert sind - in Abhängigkeit vom Schweregrad der Erkrankung.

 

Vermehrte Mastzellaktivierung als Risikofaktor für Long Covid

 

Das Mastzell-Aktivierungssyndrom (MCAS) ist eine chronische Multisystemerkrankung mit entzündlichen und allergischen Komponenten. Bei MCAS sind die Mastzellen "hyperaktiv" und schütten zu viel Histamin und andere Botenstoffe aus. Die Mastzellen werden von IgE und Zytokinen aktiviert, aber auch von Umweltfaktoren (z.B. Hitze, Kälte), Allergenen, Lebensmitteln, Infektionen, bestimmten Medikamenten, Drogen und körperlichem oder psychischem Stress.

 

Vor allem der Magen-Darm-Trakt betroffen

 

Die Symptome des MCAS sind unspezifisch und betreffen vor allem die Haut, den Magen-Darm-Trakt, das Herz-Kreislauf-System, die Atemwege und neurologische Systeme. Viele der Symptome bei MCAS gleichen denen bei einer akuten COVID-19-Infektion bzw. Long Covid.

MCAS ist in Deutschland bei 17 % der Bevölkerung verbreitet, in der Allgemeinbevölkerung - außerhalb von Studien - aber meist nicht diagnostiziert. Ursächlich hierfür sind zum einen die schwierige und teils restriktive Diagnose sowie zum anderen die mangelnde Bekanntheit von MCAS auch bei Ärzten.

 

Männer reagieren stärker als Frauen

 

Personen, die eine erhöhte Mastzellaktivierung (Allergien, Unverträglichkeiten, Autoimmunerkrankungen) oder Histamin-Intoleranz haben, müssen generell mit einem schwereren COVID-19-Krankheitsverlauf und auch heftigeren Reaktionen nach der Impfung rechnen. In der Regel reagieren hier Männer stärker als Frauen. Da es sich aber um eine recht spezifische Reaktion der Mastzellen auf das Spike Protein handelt, ist die individuelle Reaktion auf COVID-19 schwer voraussagbar. Bei manchen Personen entwickeln sich MCAS-Symptome auch erst durch die Erkrankung.

 

Mastzellen sind erster Wachposten

 

Mastzellen sind die ersten Wachtposten bei jeder Virusinfektion. Daher ist es nur logisch, dass ihre Aktivierung nicht nur bei COVID-19, sondern auch bei anderen Virusinfekten eine zentrale Rolle spielt und sich daraus eine enge Verbindung mit ME/CFS ergibt.

 

Die Verbindung zwischen Long Covid und ME/CFS

 

Long Covid hat in vielen Fällen eine starke Ähnlichkeit zu der Krankheit ME/CFS - Myalgische Enzephalomyelitis/das Chronische Fatigue-Syndrom, einer schweren neuroimmunologischen Erkrankung, die den Alltag stark einschränkt. Der Auslöser von ME/CFS ist in der Mehrheit der Fälle eine Virusinfektion. ME/CFS kann auch die Folge einer Infektion mit SARS-CoV-2 sein. Während ein Teil der Long-Covid-Patienten sehr ähnliche Symptome wie Menschen mit ME/CFS hat, entwickelt ein Teil sogar das Vollbild der Erkrankung.

 

Das Long Covid-Risiko reduzieren

 

Nach der COVID-19-Pandemie werden wir mit einem neuen, massiven Problem zu kämpfen haben: Long Covid bzw. Post Covid ist sowohl für den Einzelnen als auch für die Gesellschaft und das Gesundheitssystem eine unterschätzte Bedrohung. Das Krankheitsbild wird in den nächsten Jahren zu einer erheblichen Krankheitslast, Arbeitsausfällen und weiteren Belastung der Ärzte und Krankenhäuser führen.

 

Vermeiden einer Infektion ist wichtig

 

Die beste Möglichkeit Long Covid vorzubeugen, ist das Vermeiden einer Infektion. Dies wird mit der Omikron-Variante immer schwieriger. Zwar sind die Krankheitsverläufe hier milder, doch ob dies auch mit einer geringeren Gefahr für Long Covid einhergeht, lässt sich noch nicht beurteilen. Doch allein die große Zahl der Infektionen wird voraussichtlich auch zu vielen Long Covid-Fällen führen.

 

Lebensweise hat großen Einfluss

 

Durch unsere Lebensweise haben wir jedoch einen großen Einfluss auf das Long Covid-Risiko. Mit folgenden Maßnahmen können wir sowohl das Risiko für eine Infektion mit SARS-CoV-2 als auch für einen schweren Krankheitsverlauf von COVID-19 und Long Covid reduzieren:

Verbesserung der allgemeinen Gesundheit durch gesunde Ernährung, tägliche Bewegung, Stressreduktion und ausreichend Schlaf

Ausreichend trinken, mindestens 2 Liter pro Tag

Unterstützung des Immunsystems und der Durchblutung durch gute Versorgung mit wichtigen Mikronährstoffen: Vitamine D3, K2, A, E und C, Zink, Selen, Polyphenole

 

Long Covid gezielt behandeln

 

So lange eine chronische Entzündung und sogar noch Viren latent in Körper vorhanden sind, kann sich der Körper nicht regenerieren. Daher sind eine Verbesserung des Immunsystems, das vollständige Ausheilen der Infektion sowie die Normalisierung der Entzündung und der Mastzellen gleichermaßen wichtig.

 

Diese Maßnahmen sind sinnvoll

 

Long Covid basiert im Wesentlichen auf persistierenden Viren, Durchblutungsstörungen und/oder einer chronischen Mastzellaktivierung. Daran orientiert sich die Therapie. Um die Heilung von Long Covid zu fördern, sind daher folgende Maßnahmen sinnvoll:

Alle oben genannten Maßnahmen zur Prävention von Long Covid

Bei Durchblutungsstörungen: Unterstützung des Säure-Basen- und Mineralstoffwechsels mit Kalium-, Magnesium und Calciumcitrat; Nattokinase, Granatapfel- und Tomatenextrakt (WSTC 2).

 

Einmalige Impfung mit mRNA-Impfstoff

 

Bei Mastzellaktivierung und Autoimmunprozessen: Omega-3-Fettsäuren; sekundäre Pflanzenstoffe wie Quercetin, Curcumin, Boswellia, MSM, Katzenkralle, OPC; ggf. Antihistaminika (Desloratadin oder Rupatadin zusammen mit Famotidin) Bei persistierender (andauernder) Infektion: Einmalige Impfung mit mRNA-Impfstoff, um das Immunsystem zu trainieren

 

Können Impfungen helfen?

 

Impfungen können einen positiven Einfluss auf Long Covid zu haben, so dass Betroffene durch eine Impfdosis Linderung oder möglicherweise auch Heilung erfahren können. Vor allem bei einer persistierenden Infektion kann eine Impfung das Immunsystem boosten, um die Infektion zu beenden. Häufig ist Long Covid auch eine "heimliche" Infektion spezifischer Organe. Eine Impfung kann das Immunsystem anregen und so dazu beitragen, diese vom Immunsystem unerkannte Infektion zu bekämpfen.

 

Impfung kann auch zu einer Verschlechterung führen

 

Im Umfragen berichten 42 % bzw. 58 % der Long-Covid-Betroffenen von einer Besserung der Symptome nach einer Impfung. Da aber auch Autoimmunprozesse wie Mastzellaktivierung entscheidend sind, wird dieser Impfansatz zur vollständigen Genesung meist nicht ausreichen. Bei Patienten, bei denen eine Mastzellaktivierung im Vordergrund steht, kann eine Impfung auch zu einer Verschlechterung führen.

 

Das Dr. Jacobs Institut für komplementär-medizinische Forschung hat sich zum Ziel gesetzt, ganzheitliche Zusammenhänge in der Ernährungswissenschaft, Naturheilkunde und Erfahrungsheilkunde wissenschaftlich aufzuklären und wirkungsvolle Therapien zu verbessern.

pm, ots

Bildrechte: Dr. Jacobs Institut Fotograf: Dr. Jacobs Institut

 

English version

 

Long Covid or Post Covid is a widespread phenomenon. About 10-20 per cent of all covid-19 patients suffer from long-term health impairments that can last longer than a year. 

 

The likelihood of Long Covid is greater with older age, pre-existing conditions and severe disease progression, but young and healthy patients, as well as those who have had only mild symptoms, can also be affected. Mild SARS-CoV-2 infection also spreads throughout the body.

 

Covid-19 in different parts of the body

 

In 44 autopsies of patients with covid-19, SARS-CoV-2 RNA was found in different parts of the body, including different parts of the brain - up to 230 days after the onset of symptoms. The deceased had not all died from COVID-19. The spread of the virus in the body was also found in those who had only mild symptoms or even an asymptomatic course of the disease.

 

Systemic infection persists for months

 

The results show that the virus causes a systemic infection that can persist for months (Chertow et al., 2021). While the SARS-CoV-2 virus is most prevalent in the respiratory tract and lungs, it spreads early during infection and can infect cells throughout the body, including the brain. In tissues outside the pulmonary system, the viruses are cleared less efficiently and with a delay. According to the authors, this could be related to a weak immune response outside the respiratory tract. As long as there is no targeted immune defence, the infection can develop into a chronic problem.

 

There are many causes of long covid

 

  • An important question for dealing with Long Covid is its cause. The main problems are on the one hand the persistence of viruses and on the other hand the overreaction of the mast cells. There are different explanations, which probably intertwine: The virus triggers an autoimmune reaction that persists beyond the actual disease. This leads to excessive inflammatory reactions with over-activation of the mast cells and increased cytokine and histamine release. People with mast cell activation syndrome are particularly affected.
  • After fighting the disease, viruses or viral remnants of SARS-CoV-2 remain in the body, causing chronic inflammatory reactions. This explains why many recovered people still test positive long after the actual illness.
  • The virus "hides" in the tissue and reappears weeks or months later - as is known from herpes viruses or HIV.
  • Reactivation of a latent Epstein-Barr virus (EBV) infection is particularly common with Long Covid. The usually reduced cortisol levels exacerbate the persistent respiratory problems and promote autoimmune inflammatory processes. It can be assumed that COVID-19 weakens the immune system and generally reactivates old, latent infections (e.g. with EBV, herpes zoster viruses or Borrelia). This contributes significantly to the leading symptom of chronic fatigue. EBV is simply the most common viral infection and therefore stands out the most in the study by Su et al. (2022). - Over 90 % of adults have passed through it.
  • Decreased flexibility of red blood cells after covid disease makes them pass through blood vessels more poorly, resulting in circulatory problems. This could explain, for example, the severe fatigue in long covid. The spike protein is largely responsible for this.
  • Smaller damages to various organ systems due to the COVID disease lead in total to a general exhaustion. Of central importance here are the mitochondrial and endothelial damages.

The central role of mast cells in Long Covid

 

Excessive activation of mast cells seems to play an important role in Long Covid. Mast cells belong to the white blood cells and are of particular importance for the non-specific immune defence. Every allergic (e.g. to a bee sting) and pseudoallergic reaction (e.g. histamine intolerance) is mediated by mast cells. Mast cells become active in response to contact with pathogens such as viruses, bacteria or parasites as well as allergens. These multifunctional immune cells help fight infection by releasing many different substances such as inflammatory mediators, cytokines and histamine and coordinating the immune response. pm, ots, mei