Boris Becker schuldig gesprochen - Absturz eines Sportidols

Torheit schützt vor Strafe nicht. Der altrömische Rechtsgrundsatz gilt auch für einen der erfolgreichsten deutschen Sportler aller Zeiten.

 

Und nach Meinung der Londoner Geschworenen war es nicht einmal Torheit (wie er selbst behauptete), die den insolventen Boris Becker dazu veranlasste, der Justiz Vermögenswerte zu verschweigen. Wer also ist dieser Mann, der als Angriffsspieler auf dem Tennisplatz mit ausgefuchstem Serve-and-Volley-Spiel seine Gegner niederkämpfte: ein listiger Gauner, der in finanzieller Not auch noch die letzten Felle davonschwimmen sah und meinte, die Justiz hintergehen zu können - oder ein hoffnungsloser Naivling, der auf dem Platz ein Superstar war, im Privatleben aber ein Versager ist?

  • Für das Urteil, das nun gesprochen ist, spielte das am Ende keine Rolle. Für Otto Normalbürger zeigt der Fall einmal mehr, in welcher Blase manch wohlhabender und prominenter Zeitgenosse sein Leben fristet.
  • Völlig entrückt vom Alltag seiner Fans will sich Becker, der als Schüler Millionär und mit Anfang 30 Tennis-Rentner wurde, nie mit finanziellen Angelegenheiten befasst haben.
  • Ein Mann mit 50, der bei seinen Besitztümern das Familienanwesen in Leimen verschweigt; ein Unternehmer, der vor Gericht so tut, als sei er nicht geschäftsfähig; ein Wiederholungstäter, der schon 2002 in München wegen Steuerhinterziehung verurteilt wurde und offenbar nichts aus einer Strafe gelernt hat.
  • All das würde einen Psychologen wohl zu der Erkenntnis bringen, dass der einstige Publikumsliebling nun intensivere Hilfe braucht als ein paar Monate Gefängnisstrafe, auf die der Schuldspruch der Geschworenen maximal hinausläuft.
  • Fest steht: Mit dem Urteil von London stellt sich das "Bobbele" der Nation in eine Reihe mit abgestürzten Sport-Persönlichkeiten wie Bayern-Manager Uli Hoeneß oder Steffi Grafs Vater Peter, die ebenfalls wegen großer Geldsummen mit dem Gesetz in Konflikt gerieten.
  • Ihnen allen ist gemein, dass sie ab einem bestimmten Punkt ihres Lebens die Bodenhaftung verloren und in Sphären abdrifteten, in denen sie glaubten, ein paar Milliönchen zu verschweigen sei ein Kavaliersdelikt.
  • Wie man an Hoeneß sieht, ist es durchaus möglich, tiefe Stürze hinter sich zu lassen und wieder auf die Beine zu kommen. Auch Becker, der sportliches Vorbild für eine ganze Generation von Tennis-Freaks war, wäre es zu wünschen, endlich die Kurve zu kriegen.
    pm, ots, Quelle: Fuldaer Zeitung