Volker Bouffier: Der Wegbereiter des schwarz-grünen Politikmodells nimmt Abschied

Neun Jahre ist es her, es war Wahlkampf, da schloss Volker Bouffier eine schwarz-grüne Koalition klipp und klar aus.

 

Kurze Zeit später ging er dann ein solches Bündnis ein - und hat Hessen zum politischen Experimentierkasten für die gesamte Republik gemacht.

  • Wenn er nun kommende Woche Abschied nimmt, dann hält dieses Bündnis schon acht Jahre. Und man muss ausgerechnet Bouffier, dem einstigen "Hardliner" und "Schwarzen Sheriff" der CDU, zugutehalten, dass er Schwarz-Grün zu einem Modell gemacht hat, das in der politischen Farbenlehre wegweisend ist.
  • In Kiel und in Düsseldorf verhandeln CDU und Grüne seit dieser Woche darüber - und hätte sich Laschet bei der Bundestagswahl nicht so dämlich angestellt, wäre Schwarz-Grün eine realistische Option für den Bund gewesen.
  • Bouffier und den Konservativen - der hessische CDU-Landesverband gilt bis heute als der konservativste im ganzen Land - hat das Bündnis mit dem früheren Gegner einiges abverlangt.
  • Dass die Regierungsarbeit geräuschlos von statten geht, Konflikte außerhalb der Öffentlichkeit ausgetragen werden und bei kontroversen Themen auch noch Konsens hergestellt werden kann, ist sicher Bouffiers Verdienst, der eine für einen Politiker eher unübliche Wandlung durchgemacht hat - vom Wadenbeißer zum Integrator.
  • Wer würde heute denken, dass er einst als Innenminister unter Roland Koch der "Mann fürs Grobe" war, dass ihm zweimal der "Big Brother Award" wegen Verletzung der bürgerlichen Freiheiten verliehen wurde, dass sein oft kompromissloser Kampf für Rasterfahndung, Videoüberwachung, Kennzeichenlesegeräte oder Telefonüberwachung auch vielen in der Partei auf den Geist ging.

Den Wandel bemerkte man auch bei zahlreichen Redaktionsbesuchen vor und während seiner Zeit als Ministerpräsident.

  • Oft redete er Klartext, er war das Gegenteil von dem, was man gerade als "Scholzomaten" bezeichnet. Doch in den letzten Jahren wurde er ruhiger, ausgeglichener und interessierte sich verstärkt für die Menschen um ihn herum.
  • "So, und jetzt frage ich mal was", sagte er am Ende eines Interviews, und dann wollte er wissen, wie es der Zeitung und der Branche geht und wie die Journalisten bestimmte Entscheidungen sehen. Da war er dann voll und ganz Landesvater.

Was man ihm ankreiden muss: Seine Nachfolge hat er nicht rechtzeitig vorbereitet. So kommt mit Boris Rhein ein für viele im Land Unbekannter ans Ruder. Für ihn spricht:Auch Bouffier galt 2010 als Verlegenheitslösung, erfreute sich steigender Beliebtheit und blieb dann zwölf Jahre im Amt. 

pm, ots, Quelle: Fuldaer Zeitung, Autor: Bernd Loskant