Angela Merkel will sich nicht für ihre Russland-Politik entschuldigen

Der amtierende Bundespräsident hat eigene Fehler im Umgang mit Putin eingeräumt. Die ehemalige Kanzlerin zeigt auch mit Abstand vom Amt keinerlei Spur von Selbstkritik.

 

Sie sehe nicht, dass sie etwas falsch gemacht habe, sie habe "ausreichend versucht", eine Eskalation mit Russland zu verhindern, sagt Angela Merkel bei ihrem ersten größeren öffentlichen Auftritt seit Monaten.

  • Um Entschuldigung bitten werde sie nicht. Mit Verlaub: Das ist zu viel Starrsinn, zu viel Selbstgewissheit und zu wenig Einsicht und Selbstreflexion - und das angesichts einer Lage, in der täglich die katastrophalen Folgen der von Merkel maßgeblich mitverantworteten Politik deutlich werden.
  • Die Begründung für ihr striktes Nein zur Nato-Mitgliedschaft der Ukraine 2008 mag noch nachvollziehbar sein; so sei das Land damals noch ein ganz anderes als heute gewesen, wenig demokratisch und von Oligarchen beherrscht, unter anderem.
  • Aber geradezu grotesk widersprüchlich gerät die Rückschau auf ihre Jahre mit Putin: Schon 2007 sei der große Dissens mit ihm deutlich geworden; umso klarer nach der Annexion der Krim 2014;
  • militärische Abschreckung sei die einzige Sprache, die er verstehe; an "Wandel durch Handel" habe sie nie geglaubt. Wenn sie aber all das so gesehen hat - warum hat sie dann etwa das Gaspipeline-Projekt North Stream 2 voran- und Deutschland weiter in die Abhängigkeit von Russland getrieben?
  • Nur eine der zentralen Fragen, denen sich Merkel stellen muss, so sie denn nun tatsächlich wieder öfter öffentlich auftreten will. Und zwar nicht bei einem "Wohlfühltermin" wie im Berliner Ensemble, mit einem ihr offenkundig sehr wohl gesonnenen Interviewer als Stichwortgeber.
    pm, ots, Quelle: Allgemeine Zeitung Mainz,
    Autor: Christian Matz