Liz Truss: Neue britische Premierministerin ist zweitklassig - Bei Wählern unbeliebt

Der britische Historiker und Politikwissenschaftler Anthony Glees hält die neue Tory-Chefin und designierte britische Premierministerin Liz Truss nicht für eine Neuauflage der "Eisernen Lady".

  • "Margaret Thatcher glaubte als Regierungschefin an den großen europäischen Binnenmarkt, sie glaubte an Inflationsbekämpfung vor Steuersenkungen, und sie war eine hochintelligente Frau mit einem starken wissenschaftlichen Verstand, die auf Experten hörte", sagte Glees im Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ).
  • Truss habe sich bislang "nicht mit einem starken wissenschaftlichen Verstand" hervorgetan: "Sie war sicherlich relativ erfolgreich mit ihrer Führungskampagne, insgesamt ist sie aber zweitklassig. Die Siegesrede von Truss war schwach, wie alle ihre Reden schwach waren, obwohl sie darauf besteht, dass sie bei der Senkung der Steuern, dem Wachstum der Wirtschaft und der Bewältigung der Energiekrise 'mutig' sein wird", sagte Glees.

Als Premierministerin habe Truss "eine gewaltige Aufgabe" vor sich, sagte der Wissenschaftler der University of Buckingham.

  • "Die Wirtschaft des Vereinigten Königreichs taumelt in die Rezession, die Inflation wird im Januar wahrscheinlich 20 Prozent erreichen, und die Energiekosten zwingen viele ärmere Menschen dazu, sich zwischen Heizung und Essen zu entscheiden."
  • Truss sei nicht an einer "Umverteilung" interessiert, wolle aber niedrigere Steuern, um die Wirtschaft anzukurbeln.
  • Das werde nicht funktionieren, allenfalls für ein halbjährliches Strohfeuer reichen, mahnte Glees. Sollte es Truss gelingen, ein gewisses Wachstum einzufahren, sei es denkbar, dass sie vorgezogene Neuwahlen anstrebe.

Richtung Brüssel warnte Glees vor weiteren Konfrontationen mit London:

  • "Was die EU angeht, wird Truss eine Katastrophe sein. Die Leute, die sie zum Mitregieren auserkoren hat, sind allesamt Männer und Frauen der härtesten Brexit-Überzeugung. Sie ist die Gefangene der rechten Hard-Brexit-Torys.
  • Sie werden sie abservieren, wenn sie nachgibt", sagte Glees in der NOZ und betonte: "Mit einem immer härteren Brexit oder einem Handelskrieg kann man die britische Wirtschaft nicht wachsen lassen. So kann man vielleicht sechs Monate lang Wachstum erzielen, aber man wird noch mehr Inflation bekommen.
  • Dem armen Vereinigten Königreich steht eine sehr harte Zeit bevor", sagte Glees: "Und ich glaube, das wissen die Leute auch. Im Gegensatz zu den Tory-Parteimitgliedern mögen die meisten Wähler Truss nicht." pm, ots
    Foto: Miguel Á. Padriñán