Chaos am Kryptomarkt: Mehr Tief - als Höhenflüge

Am Kryptomarkt herrscht Chaos. Digitale Währungen verzeichnen mehr Tief- als Höhenflüge; das Interesse an der Entwicklung kryptobasierter Produkte und Services ist gedämpft.

 

Klar ist jedoch: Vergangene Krypto-Winter wurden bisher immer von einem Krypto-Frühling abgelöst, bei dem das Kurswachstum zurückkehrt. Wie also sollten Banken und Finanzdienstleister der aktuellen Krise begegnen, um gut ausgerüstet in die nächste Hochphase zu starten?

  • Max Biesenbach und Simon Grabbe von der globalen Strategie- und Marketingberatung Simon-Kucher & Partners erläutern:

Turbulente Zeiten am Kryptomarkt. Erst im Frühsommer blickten zahlreiche Digitalwährungen, einschließlich der Kryptoriesen Bitcoin und Ethereum, auf teils historische Tiefwerte. Auch der jüngste Aufwärtstrend von Bitcoin Mitte August ist inzwischen wieder beendet.

  • Kurseinbrüche, Liquiditätsprobleme und Entlassungen in rauen Mengen - die Nachfrage nach Krypto ist in den letzten Monaten stark gesunken und diverse Marktteilnehmer mit großem Krypto-Exposure stehen vor existenziellen Problemen.
  • Nichtsdestotrotz haben die vergangenen Jahre gezeigt: In der Krise liegen durchaus Chancen.
  • Drei Gründe, warum es sinnvoll ist, inmitten der aktuellen Turbulenzen nach diesen zu suchen, und wie sich Banken und Finanzdienstleister auf ein neues Hoch vorbereiten können:

Kryptowährungen gewinnen rasant an Reichweite: Über 300 Millionen Menschen weltweit nutzen Kryptowährungen. 

  • Blockchain.com allein hat mehr als 84 Millionen Krypto-Wallets erstellt, mit denen Kunden Kryptowährungen kaufen, verkaufen und verdienen können.
  • Die Zahl der Wallets wird aller Voraussicht nach weiter rasant ansteigen, solange kein flächendeckendes regulatorisches Verbot, wie etwa seit 2021 in China, eintritt.

Banken partizipieren bislang wirtschaftlich kaum: Noch immer liegen schätzungsweise ein bis zwei Billionen US-Dollar außerhalb des Bankensystems in Kryptowährungen.

  • Der kollektive Verlust an potenziellen Gebühren- und Spread-Einnahmen für das globale Bankensystem geht gemäß Experteneinschätzungen in die Milliarden.
  • Krypto-Wallets besitzen zusätzlich das Potenzial, Banken in der Wertschöpfungskette des Zahlungsverkehrs einen Teil des Geschäfts strittig zu machen und so zudem für milliardenschwere künftige Einnahmeverluste zu sorgen.

Bankkunden fragen vermehrt Krypto als Anlageklasse nach: Zu guter Letzt erwarten immer mehr Wertpapierkunden von ihren Banken, dass sie Investitionen in Kryptowährungen und dazugehörige Beratungsdienste anbieten.

  • Das Geschäft steht aufgrund der hohen Volatilität oft im Gegensatz zum risikoscheuen Image der Banken, so dass die Nachfrage bislang mehrheitlich von "neuen Marktteilnehmern" bedient wird.
  • Für Banken und Finanzdienstleister gilt es nun, die Einführung eines passenden Krypto-Angebots zu überprüfen, um gut vorbereitet die nächste Hochphase anzusteuern. Folgende Fragen müssen hierbei gestellt werden:
  • 1. Welches Produkt und welcher Geschäftsbereich eignen sich am besten für die Einführung eines Krypto-Angebots? Hier gilt es zu überlegen, ob beispielsweise die Bereitstellung von Wallets im Bereich Vermögensverwaltung, das Trading mit Kryptos im Bereich Retail oder die Tokenisierung von Vermögensgegenständen im Bereich Corporate und Investment Banking forciert werden sollen.
  • 2. Äußert die Zielkundenbasis einen wirtschaftlich relevanten Bedarf an Krypto-Angeboten? Eine deutsche Privatbank schätzte kürzlich einen kurzfristigen Mittelzufluss von zehn Millionen Euro Volumen in eine neu aufzulegende Assetklasse - ein zu geringer Umfang für ein profitables Geschäftsmodell.
  • 3. Sollen Kunden direkt oder indirekt, beispielweise über Fonds, in Krypto investieren können. Die wirtschaftlichen Vor- und Nachteile müssen sauber gegeneinander abgewogen werden.
  • 4. "Make, buy, or partner?" Auch über strategische Partnerschaften lassen sich Krypto-Angebote für Kunden realisieren (zum Beispiel: Kollaboration zwischen N26 und Bitpanda).

Auch wenn die Fokussierung auf Krypto zum jetzigen Zeitpunkt kontraintuitiv erscheinen mag, bietet sich Banken aktuell eine einzigartige Chance: Krypto-Talente sind verfügbar und Krypto-Unternehmen offen für Partnerschaften. pm, ots

Foto: David McBee